: Nähe zwischen Esser und Erzeuger
■ Zwei Drittel der Äpfel auf den Bremer Märkten kommt aus dem Alten Land – dort herrscht Pestizid-Alarm. Was tun?
Prall und glänzend liegen sie da – die Äpfel aus dem Alten Land. Auf dem Domshof biegen sich die Marktstände unter ihrem Gewicht. Jetzt muss die Ökobilanz der Altländer Äpfel allerdings einen empfindlichen Kurssturz verkraften. Illegale Unkrautvernichtungsmittel, Pestizide, die die Grenzwerte weit überschreiten und in den zahllosen Gräben versickern, die das Gebiet zwischen Stade und Hamburg durchziehen, sind festgestellt worden .Wir sprachen mit Jürgen Seevers, der in Bremen kleine, regionale Bauernmärkte organisiert, auf denen Produkte aus ökologischer und konventioneller Landwirtschaft verkauft werden.
taz: Äpfel aus dem Alten Land – klingt wie Äpfel aus Omas Garten. Von solchen romantischen Assoziationen wird man sich wohl verabschieden müssen?
Jürgen Seevers: Aus dem Alten Land werden Tafeläpfel angeboten, die haben mit den Früchten der alten, hochstämmigen Apfelbaumgärten nichts zu tun. Die gibt es da vielleicht noch auf 0,5 Prozent der Flächen. Tafeläpfel kann man im Prinzip weltweit herstellen und vermarkten.
Ist das Alte Land unser Apfel-Hauptlieferant?
In der Hauptsaison kommen bestimmt zwei Drittel von dort. Die eingeflogenen spielen ab April dann eine größere Rolle.
Sind denn die Äpfel nun verseucht? Was raten Sie dem Verbraucher
Natürlich kann man das Obst noch essen. Den Standards in Deutschland und Europa entsprechen sie auf jeden Fall, auch wenn Rückstände der Pestizide und Fungizide in der Haut sein werden. Ich rate aber auch dazu, sich mal verschiedene Sorten auf der Zunge zergehen zu lassen und zu schme-cken, ob es denn immer der Massenapfel sein muss, oder ob es nicht auch mal eine saisontypische Sorte sein darf.
Was schmeckt denn im Moment?
Wer gerne einen sauren Apfel mag: Boskop. Der ist auch lagerfähig. Wer einen süßeren Apfel mag: Jona Gold. Das ist aber auch eine Züchtung. Ansonsten denke ich, dass die Bauern, die direkt auf den Märkten verkaufen, einer stärkeren Kontrolle durch den Verbraucher ausgesetzt sind. Die Kunden fragen: Stimmt das, was da in der Zeitung stand? Und wenn was rauskommt: Der Schaden für den einzelnen Betrieb ist im anonymen Großhandel nicht so groß.
Die Bauern im Alten Land behaupten, auch der Öko-Obstbauer käme nicht aus ohne Schädlingsbekämpfung und Unkrautvernichtungsmittel – stimmt das?
Da geht's hauptsächlich um den Schorf auf den Äpfeln und die Kupfer-Sprühe, die dagegen eingesetzt wird. Der Verbraucher isst keine Äpfel mit Schorf, sagt man, obwohl man beim Käse ja auch nichts gegen Pilze hat. Aber so sind die EU-Standards: Es findet eine Normierung nach optischem Eindruck statt und nicht nach Qualität. Fragen: hey
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen