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Kriminelle Kungeleien

Dreiteilige Politikerporträt-Reihe des WDR („die story“, Mo., 21.45 Uhr, ARD)

In einer fernen Zeit und einem fremden Land, da funktionierte Politik wie in einer TV-Farce von Dieter Wedel. Da schoben sich dicke Männer mit drolligen Namen Titel und Gehälter zu. Bayern hieß das Land, und Franz Josef Strauß herrschte hier mit einer absolutistischen Machtfülle. Seine Freunde wurden Händl-König genannt oder hießen Dr. Ede Zwick, und sie hatten nichts zu fürchten, solange sie ihm nicht in die Quere kamen.

Aus heutiger Sicht erscheinen solche Provinzpossen putzig. Doch leicht übersieht man, dass die kriminellen Kungeleien bundesweite Folgen haben konnten. Daran lässt die Dokumentation „Franz Josef Strauß – ein Doppelleben“, mit der heute eine Reihe von Politikerporträts eröffnet wird, keinen Zweifel. Das System Strauß wird lückenlos aufgeschlüsselt. Dabei geht es auch um die psychosoziale Konditionierung des Politterminators; um die Paranoia etwa, in die er sich nach etlichen Enthüllungsgeschichten im Spiegel hineingesteigert hat. Vor allem aber geht es ums Geld. Schon als Politikeinsteiger ließ sich Strauß vor jedem Wochenende anfallende Spesen erstatten. Später sammelte er mit der gleichen Routine Millionenbeträge für sich ein.

Das Netz der Verbindlichkeiten wird behutsam ausgeleuchtet, neue Erkenntnisse über den Grobstrategen werden allerdings kaum geliefert. Der Spiegel und später die Süddeutsche Zeitung haben Strauß’ Machenschaften ja schon zu dessen Lebzeiten penibel dokumentiert. Die Reporter der beiden Printmedien kommen ausführlich zu Wort. Der reißerische Titel, der investigativen Journalismus suggeriert, erscheint somit unpassend. Zumal Strauß ja nicht wirklich ein „Doppelleben“ geführt hat. Dass er nach Gutsherrenart regierte und es mit juristischen Vorgaben nicht so ernst nahm – daraus hat er selbst nie einen Hehl gemacht.

Prekärer erscheint da die nächste Folge des Dreiteilers. Da wird es um Silvio Berlusconi gehen. Die Untersuchungen gestalten sich in seinem Falle allerdings schwieriger. Es laufen noch Verfahren gegen ihn, und das Geflecht aus Abhängigkeiten, das er um sich herum errichtet hat, ist unübersichtlicher. Nächste Woche wird sich zeigen, ob die Redakteure der WDR-Reihe „die story“ gute Rechercheure sind. CHRISTIAN BUSS

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