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Milliardär unter Spionageverdacht

Gegen Sokrates Kokalis, den mächtigsten Unternehmer Griechenlands, ermittelt jetzt die Athener Staatsanwaltschaft

Der jüngste griechische Skandal trägt den Namen Sokrates Kokalis. Ein Athener Staatsanwalt ermittelt gegen den mächtigsten Unternehmer des Landes, der unter anderem der Spionage, des Betrugs, der Geldwäsche sowie aktiver und passiver Bestechung verdächtigt wird.

Vom politischen Flüchtling zum Milliardär, so könnte man die Märchenkarriere überschreiben. Der 63-jährige Kokalis ist der Sohn eines Arztes, der während des griechischen Bürgerkriegs (1947–1949) als Gesundheitsminister in der kommunistischen Regierung saß. Nach deren Niederlage emigrierte die Familie Kokalis in die DDR. Sokrates studierte dort und in der Sowjetunion, bespitzelte als IM Rocco seine Studiengenossen, wusste aber auch die Möglichkeit von Spritztouren ins dekadente Westberlin zu nutzen.

1965 ging Kokalis nach Griechenland und gründete eine Export-Import-Firma. Die machte sich nach 1967 die aufblühenden Wirtschaftsbeziehungen zwischen der DDR und der griechischen Militärdiktatur zunutze, indem sie unter anderem Meißner Porzellan importierte. Sein Aufstieg begann 1977 mit der Gründung der Firma Intracom, die es schaffte, DDR-Produkte an die staatliche Telefon- und Elektrizitätsgesellschaft zu verkaufen.

Heute thront Kokalis über einem Imperium, das sich auf Hightech stützt und über die gesamte Balkanregion ausdehnt, wo seine Firma Intralotto die meisten der lukrativen Lottosysteme betreibt. Dank Aufträgen der staatlichen griechischen Rüstungsindustrie entwickelte er einen militärischen Sektor, der sogar mit US-Rüstungsunternehmen im Geschäft ist.

Sein verschachteltes Imperium glaubte Kokalis perfekt abgesichert: durch enge Kontakte zu allen politischen Parteien, durch Beteiligungen an TV-Kanälen und den Erwerb des Sportklubs Olympiakos Piräus, der ihm die Unterstützung von Millionen Fußball- und Basketballfans im ganzen Lande verschafft.

All dies schützt Kokalis heute nicht vor der Staatsanwaltschaft. Die stützt sich auch auf Dokumente aus dem Stasi-Nachlass, die in den Neunzigerjahren dem Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages vorlagen. Dieser ging damals der Frage nach, ob die Intracom des Sokrates Kokalis mit DDR-Geldern gegründet wurde, kam aber zu keinem schlüssigen Ergebnis.

Klar wurde aber, dass Intracom nicht nur die Aufgabe hatte, DDR-Elektronik in Griechenland abzusetzen. Über seine Kooperation mit westlichen Firmen war Kokalis offenbar bemüht, für die DDR und ihre Verbündeten westliche Hightech-Güter zu erschließen, die auf der Embargoliste der Nato standen.

Aus den Akten des Bundestagsausschusses scheint hinreichend klar, dass Kokalis bis zum Ende der DDR ununterbrochen mit dem DDR-Auslandsgeheimdienst verbandelt war. Aus den Ausschussakten ergibt sich ein weiteres Detail, das den Fall Kokalis in Athen zu einem explosiven politischen Skandal machen könnte. Nach Aussagen des Stasi-Zeugen Roland Winkler soll Kokalis aus den Intracom-Gewinnen über ein Schweizer Konto der DDR-Handelsbank Zuwendungen an drei griechische Parteien abgezweigt haben. Noch ist offen, ob es in Athen zur Anklage gegen Kokalis kommen wird. Die Aktien seiner Firmen sind jedoch an der Athener Börse in der letzten Woche um 25 Prozent abgestürzt. NILS KADRITZKE

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