: Da war es nur noch einer
Nach seiner Aussage vor Gericht wurde auch Axel Haug, der vierte von fünf Angeklagten im RZ-Prozess, auf freien Fuß gesetzt. Darstellung des Kronzeugen erneut widersprochen
Auf dem Gerichtsflur des Kriminalgerichts Moabit wird es in den Prozesspausen nun langsam voll. Denn seit gestern darf sich mit Axel Haug auch der vierte von fünf Angeklagten im RZ-Prozess frei bewegen. Er wurde aus der Untersuchungshaft entlassen, nachdem seine Anwalt Jasper von Schlieffen eine persönliche Erklärung des Mehringhof-Hausmeisters verlesen hatte.
Haug und vier weiteren Angeklagten wird seit März 2001 vor dem Kammergericht wegen Mitgliedschaft in den Revolutionären Zellen (RZ) der Prozess gemacht. Die Anklage stützt sich fast ausschließlich auf Aussagen des ehemaligen RZ-Mitglieds Tarek Mousli. Der hatte sich Ende 1999, selbst schwer belastet, der Bundesanwaltschaft als Kronzeuge angeboten. Noch im Dezember 1999 durchsuchte die Polizei ergebnislos den Mehringhof nach Sprengstoff. Haug wurde festgenommen.
„Ich habe unter dem Decknamen Anton im erweiterten Kreis an Diskussionen im Rahmen der so genannten Flüchtlingskampagne teilgenommen“, ließ Haug gestern erklären. Zudem habe er für die Unterbringung von zwei Untergetauchten, den Mitangeklagten Rudolf Schindler und Sabine Eckle, während ihrer Zeit in Berlin ab 1986 gesorgt. Eine Beteiligung an den Anschlägen – den Knieschussattentaten 1986 auf den Chef der Berliner Ausländerpolizei, Harald Hollenberg, und 1987 auf den Asylrichter Günter Korbmacher sowie den Sprengstoffanschlägen auf die Zentrale Sozialhilfestelle für Asylbewerber 1987 und die Siegessäule 1991 – bestritt Haug. Bereits Ende der 80er-Jahre habe er den Revolutionären Zellen den Rücken gekehrt. Aus Sicherheitsgründen sei er schon seit 1986/87 nicht mehr in die operative Arbeit der RZ eingebunden gewesen. Denn damals habe die Polizei gegen ihn im Zusammenhang mit dem Vertreib der Zeitschrift radikal ermittelt. Zum von Mousli angegebenen Waffendepot der RZ im Mehringhof sagte Haug: „Ich schließe die Existenz für die Zeit meiner Hausmeistertätigkeit kategorisch aus.“
Als erster der fünf Angeklagten hatte Rudolf Schindler bereist Mitte Januar den Darstellungen Mouslis widersprochen. Für den Kronzeugen wird es langsam eng. Merklich nervös reagierte Mousli gestern, als er vom Gericht und der Verteidigung mit den Widersprüchen zwischen seiner und Axel Haugs Aussage konfrontiert wurde.
Nachdem bereits vor vierzehn Tagen Matthias Borgmann wegen eines schweren Unglücksfalls in der Familie gegen eine Kaution von rund 50.000 Euro aus der Haft entlassen worden ist, sitzt jetzt nur noch Harald Glöde in Haft. Eine Haftverschonung wurde gestern vom Gericht erneut abgelehnt. Sie komme nur in Frage, wenn er Aussagen mache. MARTIN BECK
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