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SPD: Grundschulen auch ganztags

Über ein Ganztagsangebot sollen die Grundschulen auf neue Wege kommen. Auch die Grenze zwischen Kita und Grundschule soll durchlässig werden. ■ Interview mit der SPD-Bildungspolitikerin Ulrike Hövelmann

taz: Der SPD-Vorsitzende Gerhard Schröder (SPD) hat erklärt, die Ganztagsbetreuung von Kindern und Schülern sollte zu einem zentralen Wahlkampfthema der Partei im Bundestagswahlkampf werden.

Ulrike Hövelmann: Das ist sehr gut. Nur ist Bildungspolitik Ländersache. Ein Kanzlerwort bringt mir also kein Geld.

Gibt es im kommenden Schuljahr die ersten Ganztags-Schulen in Bremen?

Ja. An sieben Schulzentren der Sekundarstufe 1 wird es diese Angebote geben. Diese Schulen arbeiten mit Hochdruck daran.

Ist das dann Unterricht oder Betreuung?

Von Schule zu Schule unterschiedlich, ortsangepasst und bedarfsangepasst. Das Schulzentrum Bergiusstraße wird zum Beispiel auch Unterricht machen am Nachmittag, das Schulzentrum Obervieland wird die bisher schon vorhandenen Betreuungsprojekte stark ausbauen.

Von wem kriegen diese sieben Schulen zusätzliches Geld dafür?

Vom Senator für Bildung. Wir haben das bei den Haushaltsberatungen beschlossen.

Wie viel bekommt eine Schule daür?

Das ist für jede Schule ausgerechnet worden, weil es abhängt von der Ausgangsbasis und von der Größe der Schule. Wenn die Summe 200.000 oder bei einem großen Schulzentrum 400.000 Mark beträgt und ein Schulzentrum bisher für sein Betreuungsangebot 120.000 Mark bekommen hat, so wird jetzt die Differenz draufgelegt. Die Bergiusstraße bekommt alles neu. Unser Ziel ist es, die anderen zehn Standorte auch möglichst bald zu realisieren.

Jetzt soll diese Idee Ganztagsschule auch an den Grundschulen fortgeführt werden.

Die Ergebnisse der Pisa-Untersuchung zeigen deutlich, dass wir auch in den Grundschulen etwas ändern müssen. Wir brauchen eine engere Verzahnung zwischen Grundschulen und Kindergartenbereich. Und ich bin davon überzeugt, dass wir auch im Grundschulbereich zu Ganztagsangeboten kommen müssen. Es sind schon einige Schulen an mich herangetreten mit diesem Wunsch. Jetzt muss ich Geld organisieren.

Ist es für die Kinder nicht zuviel Stress, wenn sie sich den ganzen Tag in den Rivalitäten der Gruppe verhalten müssen?

Deutschland ist die Oase der Halbtags-Schulen. Ab 13 Uhr ist hier Schluss. In allen anderen Ländern im OECD-Vergleich gibt es Ganztagsschulen verpflichtend für alle. In Bremen gehen 17 Prozent der Kinder nach der verlässlichen Grundschule in den Hort, manche sogar bis 18 Uhr.

Die Hortplätze reichen seit Jahren nicht. Wie kommt es, dass bildungspolitisch jetzt Geld für viele da sein soll, wo es sozialpolitisch immer gekniffen hat, obwohl es um weniger Kinder ging?

Die Ergebnisse von Pisa sind dramatisch. Wir müssen etwas tun, diese Chance nutzen alle Verantwortlichen. Es gibt einen Wechsel in der Politik. Die SPD-Fraktion hat als Schwerpunkt ihrer Haushaltsberatungen den Bereich Schule und Jugend gestärkt.

In den letzten Jahren sind die Klassen immer größer geworden, die Lehrer können weniger Halbgruppen bilden, müssen mehr Frontalunterricht geben ...

Das stimmt nicht. Die durchschnittliche Klassenfrequenz der Grundschulen in Bremen beträgt 22,5 Schüler. Die Schülerzahlen im Grundschulbereich gehen zurück. Das ist eine Chance, die man nutzen kann. Wir wollen da nicht Geld einsparen, sondern einsetzen, um im Vorschulbereich und im Schulbereich bessere Angebote zu machen. Und wir wollen den Kindergarten-Bereich mit dem Grundschul-Bereich besser verzahnen.

Im Saarland ist der Bildungssenator auch für die Kitas verantwortlich, was zuletzt dazu geführt hat, dass es Kita-Gebühren so weinig gibt wie Schulgebühren.

Da ist uns das Saarland einen großen Schritt voraus. Wenn ein Ressort von der Krippe bis zum Hochschulstudium zuständig wäre, würde man Reibungsverluste vermeiden. Zur nächsten Legislaturperiode müssen wir diese Frage ernsthaft diskutieren.

In den Koalitionsverhandlungen?

Wenn es welche geben muss. Die SPD hat sich mit diesem Thema auseinandergesetzt, wir sind uns einig. Fragen: K.W.

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