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Rot-roter Privatisierungsstreit

Knatsch im Senat: Die Ressortchefs für Finanzen und Gesundheit streiten um die Zukunft des städtischen Klinikkonzerns Vivantes. Sarrazin will privatisieren, Knake-Werner nicht

Im Senat bahnt sich ein handfester Streit um die Zukunft des städtischen Krankenhausunternehmens Vivantes an. Die Kontrahenten: Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) auf der einen, Gesundheitssenatorin Heidi Knake-Werner (PDS) auf der anderen Seite. Der Anlass ist ein Kredit in Höhe von 230 Millionen Euro, den Deutschlands größtes Krankenhausunternehmen dringend braucht. Der Streitpunkt: die Privatisierung des Konzerns, zu dem vor gut einem Jahr zehn städtische Krankenhäuser zusammengefasst wurden.

Denn um an das Geld zu kommen, gibt es drei Möglichkeiten: Vivantes könnte bei einer Bank einen Kredit aufnehmen, wenn das Land dafür bürgt. Das lehnt Finanzsenator Sarrazin aber ebenso ab wie die zweite Variante: Das Land selbst nimmt ein Darlehen auf und gibt es an den Klinikkonzern weiter. Die 230 Millionen Euro würden sich dann in der Neuverschuldung des Landes niederschlagen. „Beides kommt für uns nicht in Frage“, sagte gestern der Sprecher der Finanzverwaltung, Claus Guggenberger.

Bleibt Variante 3: Das Land, bislang alleiniger Vivantes-Gesellschafter, verkauft Anteile. Eine (Teil-)Privatisierung des Klinikkonzerns also. Das aber will Gesundheitssenatorin Knake-Werner auf keinen Fall. „Eine Privatisierungsdebatte ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht sinnvoll“, betont die Senatorin. Vivantes selbst will sich zu einer Privatisierung nicht äußern. „Das ist die Entscheidung des Gesellschafters“, so Konzernsprecherin Fina Geschonneck.

Knake-Werners Argument leuchtet ein – dem Vernehmen nach zwar nicht dem Chef, aber durchaus auch den Fachleuten in der Finanzverwaltung. Denn noch ist der Klinikkonzern nicht saniert. Beim Verkauf wäre also kein guter Preis zu erzielen. Das könnte in vier bis fünf Jahren, wenn das Sanierungskonzept von Geschäftsführer Wolfgang Schäfer greift, anders sein.

Experten bezweifeln zudem, dass ein privater Klinkbetreiber in den Konzern einsteigen würde, wenn das Land Mehrheitsgesellschafter bleibt und weiterhin das Sagen hat. Eine vollständige Privatisierung der städtischen Krankenhäuser scheint politisch aber nicht durchsetzbar.

Eine Ursache für die schlechte Finanzlage sind die Altschulden der einzelnen Krankenhäuser, die der Klinikkonzern bei der Gründung übernommen hat. Dafür bekam er zwar im Gegenzug Grundstücke und Immobilien, die er zu einem Verkehrswert von rund 140 Millionen Euro verkaufen soll. Doch das ist nach Angaben Schäfers schwieriger als erwartet. Bislang hat noch keine Immobilie den Besitzer gewechselt.

Mit seinem Sanierungskurs aber sieht sich der Geschäftsführer auf dem richtigen Weg. Vivantes will, so Schäfer, 2003 erstmals schwarze Zahlen schreiben. Im Jahre 2000, dem letzten Jahr vor der Vivantes-Gründung, machten die zehn Kliniken noch einen Verlust von 65 Millionen Euro. Im vergangenen Jahr sei dieser auf 30 Millionen Euro reduziert worden. Allein beim Personal wurden 45 Millionen Euro eingespart, fast 1.000 Vollzeitstellen abgebaut. Bis 2006 sollen es 3.700 sein.

Betriebsbedingte Kündigungen haben Betriebsrat und Geschäftsführung in einer Vereinbarung bis 2006 ausgeschlossen. Die Privatisierungsdebatte aber versetzt die Mitarbeiter erneut in Unruhe. Für die kommende Woche sind in den Kliniken Personalversammlungen geplant.

SABINE AM ORDE

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