ISRAELS GENERÄLE SIND RATLOS. IHR CHEF SETZT AUF VIELE TOTE: Ein Trost: Es wird noch viel schlimmer
Es ist für einen General immer gefährlich, seinen Gegner zu verachten. Das lernen jetzt auch die israelischen Generäle. Sie verachten die Araber im Allgemeinen und die Palästinenser im Besonderen. Was können die schon tun? Schlimmstenfalls schießen sie wütend auf nichts, während israelische schwere Waffen sie zielbewusst umbringen.
Jetzt plötzlich hat sich alles verändert. Ein palästinensisches Kommando hat einen Mekava-Panzer, das Prunkstück des israelischen Heeres, vernichtet. Ein anderes Kommando ist in eine von der Armee geschützte Siedlung eingedrungen. Dann haben Palästinenser eine Straßensperre angegriffen und alle Soldaten dort getötet. Und das Unglaublichste: Ein einzelner Fatah-Kämpfer hat mit einem Karabiner von 1942 sieben Soldaten und drei Siedler erschossen sowie einige weitere verwundet – all das mit 25 Kugeln im Einzelschuss. Dann ist er kühl aufgestanden und weggegangen.
Das ist nicht mehr „Terrorismus“. Israelische Militärkorrespondenten – alle fungieren sie praktisch als Armeesprecher – haben angefangen, über eine „Guerilla“ zu sprechen. Dazu kommen die Selbstmordattentäter, nicht mehr nur islamische Fanatiker wie bisher, sondern Kämpfer aller Organisationen, Männer und Frauen aus allen Altersgruppen in scheinbar unbegrenzter Anzahl. Darauf haben die Generäle – und ihre politischen Vorgesetzten, die auch ehemalige Generäle sind – keine Antwort. Und Arafat ist ihnen zu einer Art Obsession geworden. Es wird endlos darüber diskutiert, ob man ihn umbringen, einsperren oder vertreiben soll. Den Freiheitskampf einer ganzen Nation erklären sie zu einem persönlichen Problem.
Nach langen Beratungen hat Ariel Scharon eine neue Lösung gefunden und in allen Medien verkündet: Mehr Palästinenser müssen umgebracht werden. Seit ein paar Tagen wird das ausgeführt, mit täglich dutzenden von arabischen Toten, als Antwort darauf täglich zahlreichen israelischen Toten. So weit sind wir jetzt. Ein makabrer israelischer Ausspruch lautet: Es ist schlimm, aber wir können uns trösten. Es wird noch viel schlimmer.
URI AVNERY
Der Autor ist Publizist in Tel Aviv und erhielt 2001 gemeinsam mit seiner Frau den Alternativen Friedensnobelpreis.
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