: Beweise bleiben aus
Russlands Oligarch Beresowski kann eine Mitschuld des Geheimdienstes FSB an Häuseranschlägen nicht belegen
MOSKAU taz ■ Für den Abend hatte Russlands einst schillerndster Oligarch und Politintrigant Boris Beresowski sensationelle Enthüllungen angekündigt. Wochen im voraus schürte er vom Londoner Exil aus geschickt die Neugier: In einem Film werde er die Verstrickungen des Geheimdienstes FSB in die Häusersprengungen in Moskau und Wolgodonsk im September 1999 belegen. Hunderte starben damals bei den Anschlägen, die der Kreml zum Anlass für den zweiten Tschetschenienkrieg der 90er-Jahre nahm.
Moskaus staatliche Medien waren vorbereitet: Sie eröffneten die Nachrichten mit der Meldung, die russische Staatsanwaltschaft habe über Interpol die Auslieferung Beresowskis beantragt. Ihm wird zur Last gelegt, mit tschetschenischen Rebellen kooperiert und deren Überfall auf Dagestan 1999 mitorganisiert zu haben. Neu war der Vorwurf, Beresowski habe die Entführung des russischen Generals Gennadij Schpigun am 5. März 1999 veranlasst. Beweise will der FSB nicht publik machen.
Ein orchestriertes Spektakel, das der Finanzmagnat mit hauchdünnem Vorsprung gewann. Immerhin gelang es ihm an den 5. März, den 49. Todestag des Diktators Stalin zu erinnern, in dessen Fussstapfen er Kremlchef Wladimir Putin treten sieht.
Auch Beresowskis Material „Anschlag auf Russland“ blieb den Beweis schuldig. Der Oligarch erhob nicht direkt gegen den Kremlchef Anklage: „Putin wusste aber Bescheid, dass der FSB an den Anschlägen in Moskau, Wolgodonsk und Rjasan beteiligt war“, sagte er. Als wichtiges Indiz greift der Film den Terrorakt in Rjasan auf, den die lokale Polizei vereiteln konnte. Ursprünglich hatten Ermittler den Sprengstoff Hexagen entdeckt. Der FSB dementierte und liess die Beweismittel verschwinden.
Stoff zum Grübeln lieferte überdies der nach England geflohene Exchef des Forschungsinstituts „Roskonverswsrywzentr“, Nikita Tschekulin. Das Institut forscht im Sprengstoffbereich. Tschekulin behauptete in London, im Besitz von Dokumenten zu sein, die belegten, dass das Institut im Jahr 2000 tonnenweise Sprengstoff von militärischen Einrichtungen erstanden hatte. Dieser wurde mit neuen Etiketten versehen und an „Deckadressen in den Regionen“ versandt. Eine Untersuchung des Vorgangs wurde von FSB-Chef Patruschew verboten. Allerdings konnte Tschekulin seine Behauptungen nicht mit offiziellen Dokumenten untermauern.
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