: Basisdemokratisches Kaufangebot
Während die Gläubiger über sein Schicksal beraten, wird in Berlin schon für ihn gesammelt. „Rettet Leo Kirch!“ heißt die Parole auf dem hoffnungsgrünen Altmediencontainer. Gesucht wird alles, was Kirch fehlen könnte: Objektivität, Lob und Videos
von MARKUS MÜNCHund STEFFEN GRIMBERG
Kein milder Sonnenstrahl erreicht den mannshohen Container. Etwas missachtet steht er an einer schattigen Ecke in Berlin-Mitte, direkt gegenüber von „Blumen Ingrid“ am Hackeschen Markt. Touristen strömen zwischen Synagoge und Hackeschen Höfen hin und her, haben für den vermeintlichen Altkleidercontainer keinen Schnappschuss übrig. Dabei ist die Sammelbox extra in auffälligem, Hoffnung erheischendem grün gestrichen, neben dem Schriftzug „Spenden für Leo Kirch“ winkt eben der lachend von einem Foto. Ein älterer Herr in grauem Mantel beugt sich über den Einwurf und liest kopfschüttelnd die „Bürgerinfo“. „Bitte benutzen sie den Container ausschließlich für an Leo Kirch gerichtete Spenden. Vermeiden Sie Flüssiges, Fettiges, Dreck“, heißt es da.
Und nicht nur der Berliner Eventkünstler Dr. Zuckerbrot fordert: „Rettet Leo Kirch!“ Gestern saßen auch hochrangige Vertreter von Kirchs acht wichtigsten Gläubigerbanken (siehe Kasten) im Hauptquartier des Medienunternehmens in Ismaning bei München. Schließlich hatte der Konzern gelobt, nun alle Karten auf den Tisch legen zu wollen.
Konkrete Ergebnisse des Rettungsgipfels lagen bis zum Redaktionsschluss dieser Seite noch nicht vor. Nach Süddeutsche-Informationen wollte Kirchs Sanierungsbeauftragter Wolfgang van Bertteray durch den Verkauf von Beteiligungen am Axel Springer Verlag und am spanischen TV-Sender Telecinco das Kreditvolumen von mindestens 6,5 Milliarden Euro auf rund 4 Milliarden Euro verringern.
Zwischen Kirch und Springer ist derweil die nächste Runde im Kampf ums Free-TV eingeläutet: Springer verfolgt demonstrativ seine Ausstiegsoption aus der ProSiebenSat.1 Media AG und will laut Spiegel Ende April einen Insolvenzantrag in Sachen Kirch stellen, falls der nicht zahlt. Die Kirch-Gruppe beharrte gestern allerdings weiter darauf, dass nach ihrer Auffassung überhaupt kein wirksamer Vertrag vorliege. Die neuen Springer-Drohungen können man daher „nicht nachvollziehen“, sagte ein Kirch-Sprecher der dpa.
Für die Initiatoren von „Spenden für Leo Kirch“ ist es genau diese neue Opferrolle des Medienmoguls Kirch, die sie ironisch auf die Spitze treiben wollen. Auch wenn nicht jeder Passant die Spendenaktion so versteht. „Als wir den Container aufgestellt haben, haben einige geschimpft, dass Kirch die ganze Fußballübertragung kaputtgemacht hat“, erzählt Dr. Zuckerbrot. Dabei müsse man seine Niederlage als Chance begreifen, um inhaltlich, strukturell und organisatorisch an seinem Programm zu partizipieren, heißt es auch unter „www.spendenfuerleokirch.de“. Selbst gedrehte Urlaubsvideos sind genauso willkommen wie Kommentare oder Kaufangebote für Premiere – „basisdemokratisch und pluralistische Mitbestimmung“ nennt das der Künstler. „Wir werden den Container am Ende der Aktion am 14. März in einer Prozession abholen und die Spenden ausstellen. Und dann natürlich auch an Leo Kirch übergeben – keine Ahnung, ob der da mitmacht.“ Entziehen wird er sich kaum können – besser kann sein „Personal TV“ ja gar nicht werden, bei so viel power und emotion.
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