„Wir wollen Barspenden realitätstauglich begrenzen“

Dietmar Strehl, Bundesschatzmeister der Grünen, über das geplante neue Parteiengesetz. Sinn ist es, die Übergabe von schwarzen Koffern zu verhindern

taz: Herr Strehl, die Schatzmeister der Parteien und die Berichterstatter aus dem Innenausschuss haben sich getroffen, um fraktionsübergreifend über die Spendenpraxis und ein neues Parteiengesetz zu beraten. Was ist herausgekommen?

Dietmar Strehl: Nichts Geheimes.

Und?

Auch FDP und CDU haben die Bereitschaft signalisiert, an einer Novellierung des Parteiengesetzes mitzuwirken.

Aber es gab doch immer den Streit um die Medienbeteiligungen der SPD, die die Union begrenzen wollte.

Wenn es zu keiner Einigung kommt, dann verabschiedet Rot-Grün das Gesetz allein, und zwar bis spätestens Mai.

Die Anti-Korruptionsbewegung „Transparency International“ hat den rot-grünen Gesetzentwurf massiv kritisiert. So wird etwa gefordert, dass bei schweren Spendenverstößen Mandate und das passive Wahlrecht aberkannt werden.

Aber nicht jeder Schatzmeister, nicht jedes Vorstandsmitglied einer Partei sitzt im Parlament. Zum Beispiel ich nicht (lacht). Da käme es zu einer Ungleichbehandlung. Deswegen sieht unser Gesetzentwurf vor, Verstöße mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren zu ahnden. Dies ist auch bei Bilanzfälschungen von Unternehmen üblich.

Aber Orts- und Kreisverbände sind von dieser Strafe ausgenommen.

Man muss realistisch bleiben. Vor Ort arbeiten die Schatzmeister ehrenamtlich. Wenn die hören, dass sie dafür im Gefängnis landen können, meldet sich doch kein Freiwilliger mehr. Und es ist jetzt schon schwer, diesen ungeliebten Posten zu besetzen.

Also kann sich der Kölner Klüngel anderswo straffrei wiederholen.

Das Problem kann man nicht lösen, indem man ehrenamtlichen Schatzmeistern mit einer Freiheitsstrafe droht. Unser Vorschlag: Spenden ab 1.000 Euro dürfen nicht mehr direkt an die Orts- und Kreisverbände gehen, sondern müssen an die Landes- oder Bundesebene „umgeleitet“ werden. Dort werden sie verbucht und fließen dann an die lokalen Parteiableger zurück. Damit hätte man die Kontrolle, die gefehlt hat.

Transparency fordert auch, dass Firmen und Personen nur noch maximal 50.000 Euro pro Jahr an eine Partei spenden dürfen.

Wenn die Juristen sagen, dass das geht, machen wir begeistert mit. Der ehemalige Verfassungsrichter Hans Klein hat aber Zweifel angemeldet, dass eine solche Begrenzung mit dem Grundgesetz vereinbar wäre. Denn letztlich gehört es zur Meinungsfreiheit, dass jeder die Partei seiner Wahl so stark unterstützen darf, wie er will.

Ein besonderes Problem sind die anonymen Barspenden. Transparency schlägt vor, sie auf 100 Euro zu begrenzen.

Wir wollen sie begrenzen, aber etwas realitätstauglicher. Der Fachbegriff heißt „Tellerspende“. Stellen Sie sich das Grillfest einer Partei vor. Die Würstchen auf den Tellern sind vom örtlichen Schlachter gespendet. Aber die dankbaren und hungrigen Besucher haben die Idee, sie könnten sich ja mit ein bis zwei Euro an Spenden revanchieren. Wenn nur 100 Leute so denken, haben sie die erlaubten 100 Euro Barspende schon überschritten. Wir sind daher für eine Höchstgrenze von 500 Euro. Sinn ist es ja, die Übergabe von schwarzen Koffern zu verhindern.

Ist ab Mai mit dem neuen Gesetz die Politik also garantiert korruptionsfrei?

Nein. Wenn einer unbedingt eine schwarze Kasse führen will, dann kann ihn niemand hindern. Aber das ist in der freien Wirtschaft auch so.

INTERVIEW: ULRIKE HERRMANN