Von den Monumenten der Moderne

Guntram Vogt hat auf 800 Seiten umfangreich das Bild der Stadt in 100 Jahren deutscher Filmgeschichte untersucht

Buchpräsentation „Die Stadt im Kino“ am Freitag um 19 Uhr im Filmkunsthaus Babylon, Rosa-Luxemburg-Straße 30. Im Anschluss ist Luis Trenkers „Der verlorene Sohn“ zu sehen

Was die Stadt und den Film so gut wie untrennbar miteinander verbindet, ist, dass beide vielleicht die Vorzeigeprodukte der Moderne sind: das eine als soziale, das andere als mediale Organisationsform. Die Stadt bietet nicht nur einfach das Setting oder die Kulisse für die Story eines Filmes, sie wird selbst im Film erzählt und ist oft dessen eigentliche Hauptfigur. Umgekehrt bildet der Film die Stadt nicht lediglich ab, sondern konstruiert und erfindet sie als Landschaft, als Monument, Netzwerk, Irrgarten, Organismus oder Maschine, Utopie oder Moloch.

Guntram Vogt, Professor für neuere deutsche Literatur und Medien an der Marburger Philipps-Universität, hat nun mit seiner Studie „Die Stadt im Kino. Deutsche Spielfilme 1900–2000“ das Resultat von zwanzig Jahren Forschung über das filmische Stadtbild vorgelegt. Den zwei Jahrzehnten Arbeit steht immerhin ein Jahrhundert deutscher Filmgeschichte gegenüber. Entsprechend umfangreich ist das Werk auch ausgefallen, in dem auf über 800 Seiten insgesamt 70 Filme von „Das Cabinet des Dr. Caligari“ über „Metropolis“ und „Der Himmel über Berlin“ bis zu „Lola rennt“ analysiert werden. Am morgigen Freitag stellt Vogt sein Buch im Filmkunsthaus Babylon vor, und im Anschluss wird als exemplarisches Anschauungsmaterial Luis Trenkers „Der verlorene Sohn“ von 1934 gezeigt. Vielleicht reflektiert das hier präsentierte Verhältnis von vormodernem Tiroler Bergidyll und harter New Yorker Urbanität ja auch ein wenig die Beziehung zwischen dem romantischen Marburg und Berlin als deutschem Metropolen-Superzeichen.

Übrigens laufen im Babylon bis Ende März quasi als Begleitreihe neben den schon genannten Filmen weitere deutsche Großstadtklassiker wie „M – Eine Stadt sucht einen Mörder“, „Das Leben ist eine Baustelle“ oder „Berlin Alexanderplatz“, die sich anzusehen an dieser Stelle gar nicht nachdrücklich genug empfohlen werden kann. ARW