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Mittwoch: Lehrerstreik

■ Angestellte Lehrer wollen „gleichen Lohn für gleiche Arbeit“. Senat verweigert bisher Tarifverhandlungen für Angestellte über 45 Jahre, die nicht verbeamtet sind

Am nächsten Mittwoch sollen, wenn es nach der GEW und den aktiven angestellten Lehrern geht, der Unterrichtsbetrieb in den Bremer Schulen zusammenbrechen. „Streik“ ist angesagt, und im Streikzentrum am Waller Ring im Bremer Westen soll das Schulzentrum dann dicht sein. Von Walle aus wird es gegen 10 Uhr einen Demonstrationszug geben, kurz vor 11 Uhr ist Kundgebung vor dem Dom angesagt. „Die Stimmung kocht“, sagt GEW-Geschäftsführer Michael Mork. Reihenweise treten gerade betroffene Lehrer in die Gewerkschaft ein. „Unsere Kriegskasse ist auf Streikmaßnahmen vorbereitet“, sagt Mork.

Die „Keksdose“, der große Hörsaal an der Universität, war am Dienstagnachmittag der Ort, an dem es kochte. Etwa 300 der betroffenen 1.000 angestellten Lehrer Bremens waren da. „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ ist die Kampf-Parole, seitdem in Bremen wieder verbeamtet wird. Jahrelang galt es in Bremen als „political correct“, dass grundsätzlich nicht mehr in den Schulen verbeamtet wird. Gleichheit will die Schulbehörde heute nur für diejenigen herstellen, die unter 45 Jahre alt sind. Lehrer mit längerer Berufserfahrung bringen, wenn sie „nur“ Angestellte sind, bis zu 1.000 Mark weniger mit nach Hause als verbeamtete Vergleichsfälle – mancher frisch eingestellte junge Lehrer verdient so als Beamter mehr als sein 50 Jahre alter Ausbildungs-Lehrer aus der Referendarszeit.

Gegen diese Ungleichbehandlungen laufen diverse Gerichtsverfahren. Die Lehrergewerkschaft GEW kann aber nicht die Verbeamtung einklagen, sie kann nur Tarifforderungen stellen. Nur welche? Siehe da, die Gewerkschafter wurden fündig: Für Angestellte im Öffentlichen Dienst gibt es im Tarifrecht „Bewährungszulagen“, die routinemäßig nach den entsprechenden Jahren gezahlt werden. Nach einem stillschweigenden Einverständnis der Bremer GEW mit der Bildungsbehörde waren diese Zulagen seit Jahren nicht mehr in Anwendung gekommen. Insbesondere Berufsschullehrer, die kaum Aufstiegschancen haben, hatten darüber früher schon mehrfach geklagt. Dieses Instrument will die GEW nun zur Anwendung bringen, um einen Teil des Nachteils der älteren angestellten Lehrer auszugleichen.

Die Tarifkommission der GEW kam mehrfach zu „politischen“ Gesprächen mit den Staatsräten des Rathauses, des Finanzressorts und der Bildungsbehörde zusammen, aber dabei kam nicht mehr heraus als der Hinweis, man wolle gern mehr zahlen, wenn die GEW im Gegenzug Stellen für den Rotstift markiert. Zu regulären Tarifverhandlungen ist die Arbeitgeberseite aber nicht bereit. Da soll nun ein Warnstreik am kommenden Mittwoch helfen, nachdem regionale Aktionstage die Lehrer schon für die Kampfmaßnahmen vorgewärmt haben.

Dass der Senat eine Ausnahmeregelung für die Schulleiter geschaffen hat, die „nur“ Angestellte sind, hat weiter für Verärgerung gesorgt. Denn während für „normale“ Lehrer gilt, dass sie es als normal ansehen sollen, als Angestellte neben Beamten die gleiche Arbeit zu tun, soll dies plötzlich für Schulleiter nicht akzeptabel sein. Warum, wenn es für Schulleiter nicht akzeptabel ist, sollen die anderen es akzeptieren? Bis zu der Schulleiter-Ausnahmeregelung galt die Altersgrenze von 45 Jahren auch als ehernes Prinzip. Die Schulleiter-Regelung zeigt, wie leicht diese Grenze mit einfachem Senatsbeschluss zu überwinden ist.

„Es fällt uns nicht leicht“, wollen die Lehrer den Schülern per Handzettel mitteilen, „unseren Arbeitsplatz zu verlassen und ein geordnetes Lernen zu behindern, denn das Produkt unserer Arbeit sind die Zukunftschancen, Qualifikationen, Orientierungen und Haltungen der Jugend. Aber nicht wir, sondern unser Arbeitgeber setzt sie leichtfertig aufs Spiel, indem er uns vorenthält, was uns zusteht.“ Auf ihrer Web-Seite www.gew-bremen.de hat die GEW ein Angestelltenforum eingerichtet, auf dem über den Konflikt berichtet und debattiert wird.

Klaus Wolschner

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