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Cheney will Arafat jetzt nicht treffen

Der US-Vizepräsident knüpft Bedingungen an eine Begegnung mit dem Palästinenserpräsidenten. Und der israelische Ministerpräsident Scharon an dessen Reise nach Beirut zum Gipfel der Arabischen Liga. Nur: Darf er dann auch wieder zurück?

aus Jerusalem SUSANNE KNAUL

US-Vizepräsident Dick Cheney hat Israel gestern nach einem zweitätigen Besuch verlassen, ohne dass ein Waffenstillstand mit den Palästinensern erreicht werden konnte. Heute soll das Sicherheitskomitee aus Vertretern beider Seiten erneut zusammentreten, um über die Umsetzung des Tenet-Plans zu debattieren. Erst wenn Palästinenserführer Jassir Arafat Maßnahmen zur Umsetzung des amerikanischen Plans für einen Waffenstillstand unternimmt, ist Cheney bereit, sich mit ihm zu treffen. „Die kommende Woche ist entscheidend“, meinte der US-Vizepräsident gestern vor Journalisten in Jerusalem. Cheneys Angebot, mit anderen politischen Führern zu beraten, lehnten die Palästinenser ab.

Konkrete Maßnahmen, Gewalt und Terror zu beenden, machte auch Israels Premierminister Ariel Scharon zur Bedingung, bevor er Arafat die Ausreise aus den Autonomiegebieten, insbesondere die Reise zum Gipfel der Arabischen Liga in Beirut Ende des Monats, genehmigen will. Auf die Frage eines Journalisten, ob in diesem Fall auch die Rückkehr Arafats garantiert sei, meinte Scharon mit Blick auf die Möglichkeit neuer Anschläge und eventueller antiisraelischer „Hetzreden“ Arafats: „Wir schließen keine Möglichkeit aus.“ Scharon betonte hingegen, dass er auf versöhnliche Worte hoffe, mit denen sich der Palästinenserführung in Beirut für Frieden und „Stabilität in der Region“ stark machen solle. „Wenn Arafat Gewalt, Terror und Hetze unterbindet und den Tenet-Plan unsetzt, dann werden wir glücklich sein“, antwortete Scharon auf die Frage, ob Arafat für Israel wieder „relevant“ sei.

Auf die kritische Anmerkung eines US-amerikanischen Journalisten, wie Cheney im Verlauf seiner gesamten Nahostreise darauf verzichten konnte, auch nur einen einzigen Palästinenser zu treffen, meinte der Vizepräsident: „Wir ignorieren die Palästinenser nicht.“ In Gesprächen mit Scharon seien auch Schritte debattiert worden, die Israel unternehmen kann, um die „Not der unschuldigen palästinensischen Männer, Frauen und Kinder zu lindern“. Die Entscheidung, vorläufig nicht mit Arafat zusammenzutreffen, sei auf den Rat des US-Sonderbeauftragten Anthony Zinni gefallen, der am Morgen erneut mit dem Palästinenserführer beriet.

Zinni, der bereits Ende vergangener Woche seine Mission begann, kann mit dem Rückzug der israelischen Truppen, die in der Nacht zum Dienstag die palästinensische Autonomiezone verließen, einen ersten Erfolg verbuchen. In den für heute angesetzten Gesprächen soll es um konkrete Schritte zur Umsetzung des Tenet-Plans gehen. Die Israelis fordern eine Implementierung in drei Schritten: eine 48-stündige Waffenruhe, dann fünf Tage, in denen die palästinensischen Sicherheitskräfte gesuchte Widerstandskämpfer verhaften, und in letzter Stufe die Entwaffnung und Auflösung illegaler Organisationen. Der israelische Vorschlag sieht nicht, wie im Tenet-Plan festgehalten und wie es die Palästinenser fordern, den Rückzug der Soldaten zu den Stützpunkten vor, an denen die Armee vor Ausbruch der Intifada im September vergangenen Jahres stationiert war. Informationsminister Jassir Abed-Rabbo kündigte an, dass die palästinensische Delegation ein Alternativpapier vorbereitet, das unter anderem den sofortigen Baustopp neuer Siedlungen vorsieht.

Erst gestern hatte die israelische Friedensorganisation „Frieden jetzt“ über die Errichtung von „34 neuen Siedlungen“ seit dem Amtsantritt Scharons vor gut einem Jahr berichtet. Die neuen Siedlungen liegen demnach in einer Entfernung von „700 bis 2.000 Metern“ von bereits bestehenden Siedlungen.

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