: Großknast jetzt doch ins Blockland
■ Und da fiel er um: Nach einem klaren Nein des Gröpelinger Beirats gegen einen 90-Millionen Knast-Neubau in Oslebshausen will Justizstaatsrat Mäurer jetzt bis 2004 im Blockland neu bauen
Seit Monaten hatten die Gröpelinger protestiert. Der Beirat hatte gerade vor 200 Zuhörern und versammelter Presse einstimmig gegen den neuen Mammutknast in Oslebshausen votiert. Und da fiel er um. „Gegen den Willen der Mehrheit der Bevölkerung will ich das nicht durchsetzen“, sagte Justizstaatsrat Ulrich Mäurer am Mittwochabend im Beirat Gröpelingen. Die neue Justizvollzugsanstalt (JVA) soll nun also offenbar ins Blockland kommen – und nicht auf das Gelände des alten Knastes nach Oslebshausen, wie viele AnwohnerInnen befürchtet hatten.
„Das ist verbindlich“, bestätigte gestern Justizsprecherin Lisa Lutzebäck. Nur, wenn der feuchte Boden im Blockland den Bau zu sehr verteuere, müsse umgedacht werden. Ein Gutachten dazu soll bis Ostern vorliegen.
Noch vor der Sommerpause soll der Senat dann das Projekt absegnen, damit Anfang 2003 die Bagger rollen können. Im Jahr 2004 könnten die ersten der insgesamt bis zu 750 Häftlinge einziehen. Kosten darf die Wegsperranlage nach Vorgaben des Finanzsenators 125.000 Euro pro Knacki: Macht rund 90 Millionen Euro, von denen das Land Niedersachsen anteilig die Kosten für rund 100 U-Häftlinge sowie 35 bis 60 Jugendliche tragen soll, die ebenfalls von Bremen beherbergt werden sollen.
„Dass ein Staatsrat so plötzlich umknickt, habe ich noch nie erlebt“, sagte Ortsamtschef Hans-Peter Mester. Noch im Dezember hatte Mäurer in einer Ausschusssitzung „gehofft, dass die große Koalition die Kraft hat“, sich gegen die Oslebshauser Einwände durchzusetzen.
Seit der Neubau in Oslebs im November in die Diskussion kam, hatten viele Front gegen das Projekt gemacht. „Ein solcher Klotz in direkter Nachbarschaft zu Wohnhäusern sowie zur Kinder- und Jugendfarm Ohlenhof wäre ein Unding“, meint der grüne Bürgerschaftsabgeordnete Hermann Kuhn. Auch Ortsamtsleiter Mester hatte Lobbyarbeit betrieben, protestiert hatte ebenso der Sportverein mit seinen 2.000 Mitgliedern. Nicht zuletzt hätte der Klotz die endgültige Zementierung eines Knaststadtteils Oslebshausen bedeutet. Seit dem Bau der Anlage Ende des 19. Jahrhunderts hatte sich langsam eine Siedlung um das Gefängnis gebildet. Jetzt träumt Mester bereits davon, das denkmalgeschützte Areal in ein Museum, Theater oder Kulturzentrum umzuwidmen – „wenn Geld da ist.“
Willkommen war der Knast nirgendwo. Deshalb war nicht nur Bürgerwille, sondern auch „der große Zeitdruck“ ausschlaggebend für das Umdenken Mäurers, sagt Sprecherin Lutzebäck. Bis 2004 muss das Justizressort nach Vorgaben aus dem Finanzressort 70 Stellen streichen. Das alte Gelände gilt wegen seiner Weitläufigkeit als personalintensiv. Ein Neu-Knast soll nach einem Gutachten von Roland Berger nicht nur kompakter gebaut, sondern Personal auch wegen modernster Technik sparen. Außerdem hätte man in Oslebshausen noch bei laufendem Gefängnisbetrieb anfangen müssen zu bauen.
Als ideal gilt aber auch der Bau auf der grünen Wiese neben der Jugendvollzugsanstalt nicht – dort war 1965 der letzte Bremer Neu-Knast eröffnet worden. Vollzugsbedienstete maulten schon über fehlende Nahverkehrsanbindungen, auch für Besucher wäre das Gelände nur schwer erreichbar. Im Justizressort wird bereits über eine neue Zufahrtsstraße nachgedacht.
Egal wohin das Gefängnis kommt: Die Grünen halten es für völlig überdimensioniert. „Wenn wir konsequent auf alternativen Strafvollzug setzen, brauchen wir keinen Mammutknast“, sagt Hermann Kuhn. „Bremen sollte verstärkt auf einen vernünftigen Täter-Opfer-Ausgleich gemeinnützige Arbeit statt Haft setzen. Das spart Geld und dient der Resozialisierung.“ Kai Schöneberg
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen