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Ugandas Frauen begehren auf

Vizepräsidentin Speciosa Kazibwe hat ihren Mann Charles wegen Gewalt verlassen. Nun streitet das ostafrikanische Land heftig über heile und weniger heile Familien

BERLIN taz ■ Speciosa Kazibwe ist eine ungewöhnliche Frau. Sie ist stellvertretendes Staatsoberhaupt von Uganda – ein Posten, der nicht nur in Afrika meistens Männern vorbehalten ist. Und jetzt hat sie nach 23 Jahren Ehe ihren Mann verlassen, weil er sie misshandelt hat.

„Genug ist genug“, sagte sie, als sie ihren Schritt vor einer Woche bei einem Workshop von Parlamentarierinnen publik machte. „Ich bin stark genug, mir ein Haus zu bauen, ohne jemandes Geld zu stehlen. Und vor kurzem habe ich eine Party in meinem neuen Haus abgehalten. Ich bin froh, einen Mann verlassen zu haben, der mich schlug.“

Die Enthüllung hat in Uganda großes Aufsehen erregt. Männliche Gewalt gegen Frauen ist in dem ostafrikanischen Land verbreitet und galt bisher als Privatangelegenheit, über die man ebenso wenig spricht wie über Aids. Die Regierung von Präsident Yoweri Museveni ist zugleich relativ fortschrittlich, was Frauenrechte angeht. Es gibt Vertreterinnen von Frauen als gesellschaftlicher Gruppe im Parlament, und die staatliche Zeitung New Vision druckt regelmäßig Ratschläge für Frauen, die Probleme in der Ehe haben. Häusliche Gewalt ist strafbar.

Kazibwe hat schon früher Frauen Kampfsport empfohlen, um sich wehren zu können. Kontrovers ist sie sowieso: Sie studierte Medizin zusammen mit Ugandas führenden, jetzt exilierten Oppositionellen Kiiza Besigye, weswegen sie jetzt immer besonders wortgewaltig Regierungsgegner beschimpft.

1999 lud sie die Führer der Moon-Sekte zu einem gigantischen Kongress über Glück in der Familie nach Uganda ein. Nun hat sie einen praktischen Schritt mit Vorbildcharakter unternommen. „Wir unterstützen sie“, so Mary Kusambiza, Uganda-Direktorin des Internationalen Anwältinnenbundes. „Gewalt ist keine Privatsache, sondern eine Menschenrechtsfrage.“

Frauen in die Politik?

Doch nach der Vizepräsidentin ging ihr Mann Charles Kazibwe an die Öffentlichkeit. Am vergangenen Wochenende breitete der Ingenieur, dessen Geschäftsräume in der Hauptstadt in den letzten Jahren verdächtig oft ausgeraubt wurden, seine Leidensgeschichte aus: Seit seine Frau 1994 Vizepräsidentin wurde, habe sie ihn geschnitten. Seit Oktober 1995 hätten sie das Bett nicht mehr geteilt. Er habe seine Frau nur zweimal geschlagen, 1993 und 1995. Charles Kazibwe warnte, Ugandas Männer sollten es sich gut überlegen, ob sie ihre Frauen in die Politik lassen. Dann wurde berichtet, der Mann habe auf Anweisung seiner Frau staatliche Privilegien verloren – zum Beispiel die kostenlose Reparatur seines Mercedes’.

Daraufhin ging die Debatte erst richtig los. Keine Geringere als Ugandas Ethikministerin Miria Matembe schimpfte, Charles Kazibwe habe seine Frau als „Monster“ dargestellt und sich selbst als „Opfer“. Religiöse Führer riefen die Kazibwes zur Versöhnung auf und sprachen vom „schlechten Beispiel“, das die Vizepräsidentin den Frauen gebe. Gestern wurde berichtet, eine ugandische Frau habe ihrem Mann während eines Ehestreits die Genitalien abgebissen.

Möglicherweise hat die Diskussion eine positive Wirkung: Ein vor kurzem aus religiöser Rücksichtnahme von der parlamentarischen Tagesordnung gestrichenes Gesetz über Gewalt in der Familie könnte neu aufgelegt werden. Bereits im Januar hatte ein lokales Referendum im Bezirk Tororo über die Abschaffung des traditionellen Brautpreises eine Diskussion über Machtverhältnisse in der Ehe entfacht.

Immer öfter wird sich Uganda bewusst, dass die rasche Modernisierung der Gesellschaft die Gewalt in der Familie nicht verringert – im Gegenteil, meint die Zeitung Monitor: „Die Armen leben in offenen Gesellschaften, wo man leicht weiß, ob jemand seine Frau schlägt oder nicht. Dann verurteilt die Gemeinschaft den Täter, oder die Schwager greifen ein. Doch die reichen und gebildeten Städter sind genauso barbarisch – nur machen sie es in der Privatsphäre ihrer Mauern, ihrer riesigen Bungalows und teuren Autos mit getönten Scheiben.“

DOMINIC JOHNSON

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