: „Nur punktuell sinnvoll“
Wirtschaftsforscher Klaus Zimmermann über den den Handlungsspielraum der Politik
taz: Haben es die Ökonomen nicht schon immer gewusst, dass die Kanzlerhilfe für Holzmann ein Fehler war?
Klaus Zimmermann: Viele Kollegen sagen, Marktwirtschaft ist auch für Bankrotteure da. Dass der Staat Firmen unter die Arme greift, kann keine generelle Politik sein, sonst geht die Marktwirtschaft kaputt. Aber punktuell kann es schon einmal sinnvoll sein, ein Unternehmen zu retten – schließlich sind eine solche Zahl von Arbeitsplätzen wie bei Holzmann leichter vernichtet als wiederaufgebaut. Zukunftsindustrien sollte der Staat sogar fördern. Es muss allerdings eine Branche sein, die mittelfristig lebensfähig ist.
Da war die Holzmann AG für Gerhard Schröder ja ein völliger Fehlgriff.
Ja, zur Strukturkrise in der Baubranche allgemein kam nun noch die Konjunkturschwäche. Die Politik hat in den 90er-Jahren daran mitgewirkt, dass es in der Bauwirtschaft zu Überkapazitäten kam. Und jetzt spart der Staat bei seinen Investitionen. Da muss sich die Baubranche erst einmal wieder gesundschrumpfen. Dagegen kann sich die Politik gar nicht stemmen. Bei Holzmann gelang es außerdem trotz der beteiligten großen Banken anscheinend nicht, ein ordentliches Sanierungskonzept zu erarbeiten. Hier könnte es auch Interessenkonflikte der Banken gegeben haben – die ja bei Holzmann teilweise gleichzeitig Kontrolleure und Kreditgeber waren.
Was könnte die Politik denn unternehmen, um die Lage für die Baubranche oder die Wirtschaftslage allgemein zu verbessern?
Derzeit sind die Möglichkeiten begrenzt, weil in den Budgets kaum noch Spielräume sind. Vielleicht ein paar Infrastrukturprogramme in Ostdeutschland vorziehen. Die Ausgaben sollten aber generell vom konsumtiven Bereich zu den Investitionen verlagert werden.
Das heißt auf der einen Seite sparen, damit auf der anderen Seite wieder mehr Geld für Infrastrukturmaßnahmen und Ähnliches ausgegeben werden kann?
Ja, zum Beispiel Subventionen abbauen oder Transferleistungen bei den Sozialversicherungen. Auch eine reduzierte Zahl von staatlichen Angestellten würde helfen.
Auf welcher Ebene ist denn die Misere am größten?
Bei den Kommunen. Deren finanzielle Lage ist durch verschiedene Steuer- und Gesetzesreformen der letzten Jahre verschlimmert worden. Hier muss der Bund helfen.
INTERVIEW: REINER METZGER
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