Kannibalen vertilgen Theater

■ „Theater im Knast“ wird von Justizbehörde auf Strafvollzugstauglichkeit geprüft Von Kai von Appen

Es gehörte im Sommer vorigen Jahres zu den Vorzeigeprojekten des Hamburger Strafvollzugs und sorgte für bundesweite Beachtung. Strafgefangene als professionelle Schauspieler. Über 2500 ZuschauerInnen kamen zu den Vorstellungen der Inszenierung „Die Kannibalen“ von Georg Tabori in die Fühlsbüttler Justizvollzugsanstalt Am Hasenberge – kurz „Santa Fu“: Trotz allen Beteuerungen, das „Theater im Knast“ fortsetzen zu wollen, ist die neue Inszenierung nun gefährdet. „Ein weiteres Zeichen für die neue Kultur und Sozialpolitik in Hamburg?“ fragen der Künstlerische Leiter Ralf Seibelt und die Produktionsdramaturgin Anne Kersting. Die Justizbehörde dementiert, aber prüft.

Es war schon etwas Besonderes: Keine Theaterkünsteleien als Beschäftigungstherapie und Theater als Alternative zum trostlosen Knastalltag, sondern professionelle Kultur hinter Gittern. So waren die Regisseure Ralf Siebelt und Wilfried Tobias voriges Jahr im Männerknast angetreten. Ambitioniertes Theater als Brücke zur Umwelt nach außen. Sie fanden hinter den Mauern verborgene Talente und konnten gleichzeitig das in den öffentlichen Vorstellungen eingeprägte Bild der Knackis als Mörder, Räuber und Dealer zurechtrücken. Denn auch sie hatten ein Leben vor dem Knast – zum Beispiel als Stuntman und Kindertheater-Autor oder in anderen künstlerischen Berufen.

Doch zu der neuen Inszenierung „Frank der Fünfte“ von dem Schweizer Dramaturgen Friedrich Dürrenmatt wird es vorerst nicht kommen. Justizbehördensprecher Kai Nitschke bestreitet allerdings, dass es ein generelles „Aus“ für Theater im Knast gebe. „Niemand hat etwas gegen Theater im Knast“, sagt Kai Nitschke, fügt aber im nächsten Satz hinzu: „Wir müssen prüfen, ob das generell zum Strafvollzugskonzept des neuen Senates passt.“

So stelle sich die Frage, was für ein Inhalt das Stück habe und welche Personen mitspielen. “Wir setzen ja auch sonst nicht alles fort, was der alte Senat gemacht hat.“ „Die Kannibalen“ war eine anspruchsvolle Inszenierung und handelte von Gefangenen im Knast im Umgang mit Gewalt.

Santa Fu-Leiter Jobst Poenighausen macht indes nur „organisatorische Probleme“ für diesen verpatzten Theatersommer in Santa Fu verantwortlich. So werde im Gefängnis derzeit gebaut, daher sei alles um ein halbes Jahr verschoben. „Die Aufführungen zu organisieren und Besucher einzulassen, ist eine nicht ganz einfache Sache“, sagt Poenighausen. Es solle aber weiterhin Theater in Santa Fu geben. Poenighausen: „Das Theater wird von der Anstalt und wird von den Insassen so gewollt.“