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Riesengroße Sauerei bleibt ohne Folgen

Einem Polizisten konnte vor Gericht nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden, dass er einen türkischen Fotografen mit einem Schlagstock geprügelt hat. Der Richter bezeichnet sein Freispruchurteil als traurig und bitter für den Rechtsstaat

Den Schlagstockeinsatz eines Polizisten gegen einen Fotojournalisten bei den Maikrawallen im Jahr 2000 hat ein Amtsrichter am Montag als „riesengroße Sauerei“ kritisiert. Der 39-jährige Beamte, der sich für den Vorfall an der Kottbusser Brücke in Kreuzberg verantworten musste, wurde indessen freigesprochen. Es sei nicht zweifelsfrei erwiesen, dass gerade dieser Beamte zugeschlagen habe, hieß es im Urteil.

Der Journalist hatte in jener Nacht einen Schlag gegen das Ohr bekommen und war kurzzeitig in Ohnmacht gefallen. Zuvor war der türkische Staatsangehörige seiner Aussage nach von einem Polizisten mit den Worten, „Kanaken, wir haben die Nase voll von euch“, beschimpft worden.

Der damals als Gruppenführer eingesetzte Polizeibeamte hatte den Vorwurf, selbst geschlagen zu haben, zurückgewiesen. Der Journalist hatte nach dem Schlag und kurz bevor er zu Boden ging ein Foto vom Angeklagten mit seinem Schlagstock in der Hand aufgenommen.

Nach dem Plädoyer des Anklägers spreche einiges für die Täterschaft des Angeklagten, aber ob das Foto tatsächlich die Szene nach dem Schlag zeige, sei zweifelhaft, so der Richter.

In seiner Urteilsverkündung sagte er, das Ergebnis des Prozesses sei „traurig und bitter für den Rechtsstaat“. Es stehe absolut fest, dass der Journalist von einem Polizisten geschlagen wurde, dessen Aufgabe es eigentlich sei, die Bürger zu schützen. Die Identifikation von über die Stränge schlagenden Polizisten gilt seit Jahren als Problem. In ihrer Koalitionsvereinbarung haben SPD und PDS daher angekündigt, „zur Förderung von Bürgernähe und Transparenz“ eine Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte einzuführen. Die in Großbritannien und den USA seit Jahren bewährte Regelung stößt in Berlin auf erheblichen Widerstand der Gewerkschaft der Polizei. DPA/TAZ

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