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■ Weitere Reaktionen zum Unions-TheaterAblenkung statt Aufklärung

betr.: „Ein Kinderspiel der Alpha-Tiere“, „Die CDU hat sich nicht verändert“, taz vom 23. 3. 02 ff

Eine Interpretationslücke aus Artikel 51 (3) BVG für einen Verfahrenstrick im Bundesrat zu nutzen, ist stilistisch betrachtet wahrlich kein Glanzstück. Die Show fürs Volk, die daraus jedoch von den repräsentierenden Systemen inszeniert wird (Polit- und MedienKLÜNGEL!!), ist der eigentliche Skandal bei der Sache. Da werden wie einst beim Dorfrichter Adam von Profiheuchlern Bilder von Ehre, Treue, Vertrauen, Ungnade, Pflicht und Gehorsam bemüht, es erregen sich in dieser Berliner Provinzposse dann auch die üblichen notorischen Lügner in der ehrenwerten Ratsgesellschaft und die Klamaukformate von ARD und ZDF sorgen dann auch noch für allerliebste Ablenkung vom statt Aufklärung zum Thema.

Dieses gar nicht mal so schlechte Buch zum Film (von der CDU in Auftrag gegebenes Gutachten zum Artikel 51 (3)) zu einer derart hochfahrenden Wahlkampfklamotte aufzublähen, zeigt doch die finstere Entschlossenheit der Schroiber&Ströder AG, die wirklichen Stiere dieser Zeit als Herausforderung nicht anpacken zu wollen. Die coolen Juristen des Bundespräsidialamtes werden den Herren Stolpe, Schröder und Wowereit schon vor der Abstimmung die richtigen Tipps zum Verhalten gegeben haben, um ihre Empfehlung in dem Sinne dem Bundespräsidenten vorlegen zu können. Dann sind wieder die roten Roben gefragt usw. usw. Derweil ersäuft das Land und die Welt an anderen Problemen. Hauptsache Party, Schampus und Koks. The show must go on …

„Alpha Tier“? Dett, lieba Siechmund, möchste wohl in die Oojen von de kleenen und jroßen Meechens ooch mal sein, wenn de selbst jroß bist, wa? Na, ick will ma nu nüscht dassu sagen. Wo sind bloß meene Beta-Blocker … ERICH-GÜNTER KERSCHKE, Köln

Ich finde es beschämend, wie viele von denen, die das Gesetz inhaltlich befürworten, sich hier die Verfassung zurechtreden. Was wäre, wenn jemand vom rechten Rand einen Gesetzentwurf für den Rauswurf aller Flüchtlinge ohne Asylgrund im engeren Sinne (also zum Beispiel alle sogenannten Nichtstaatlich-Verfolgten) beanträgt hätte, und die Zustimmung zu diesem Gesetz von den Stimmen eines mit großer Koalition und einem CDU-Ministerpräsidenten abhinge? Würden sie dann andersherum argumentieren, nur weil ihnen das dann besser passte? […]

JÖRG HARTMANN, Potsdam

Das Geschrei über den Vertragsbruch in Brandenburg ist mehr als scheinheilig.

Seit Bestehen der rot-grünen Koalition lässt die Opposition keine Gelegenheit aus, den Kanzler aufzufordern, den Koalitionsvertrag mit den Grünen zu missachten und deren Fraktion und Ministern endlich zu zeigen, dass sie nichts zu sagen haben. Noch in der Bundesratsdebatte vor der Abstimmung wurde von der CDU/CSU immer wieder die Meinung vertreten, dieses Gesetz müsse man wegen der vielen „grünen“ Vorstellungen ablehnen. Wer die Entstehungsgeschichte dieses Gesetzes verfolgt hat, wird leicht feststellen, dass Innenminister Schily das dürftige „Grün“ von Monat zu Monat mehr und mehr, schließlich ganz mit „Schwarz“ überdeckt hat. Die Endfassung war dann auch mehr ein Gesetz der Opposition als der Koalition. Daran und an den vorgebrachten Verleumdungen wird deutlich, dass es nicht um die Sache, sondern um Wahlkampfmunition geht.

[…] Was CDU/CSU-Ministerpräsidenten wirklich von den Verfassungsorganen halten, wird in der erpresserischen Aufforderung an den Bundespräsidenten deutlich, sich sofort von diesem Gesetz zu distanzieren. Solange sich diese Herren als alleinige Besitzer der Wahrheit aufführen, muss man wirklich um unsere Demokratie fürchten. WOLFGANG HARTENFELS, Kusel

Ich bedaure, dass durch die Art der Verabschiedung der Inhalt des Gesetzes wohl aus dem Fokus der Berichterstattung verschwinden wird. Denn es würde mich schon interessieren, wenn die CDU 1. die Auffassung Schilys teilt, dass ein Kompromiss bedeutet, dass beide Seiten Zugeständnisse machen, 2. die Punkte der CDU Bedingung ihrer Zustimmung sind, also als Kompromissangebot aufzufassen sind, was dann 3. die Maximalforderungen sind. Vielleicht will ich es aber auch lieber nicht wissen.

MATTHIAS GRONAU, Hamburg

Leute bleibt auf dem Boden. Jeder, der sich unvoreingenommen die Paragraphen im Grundgesetz durchliest, wird erkennen, dass sie sehr ungenau formuliert sind und es aktuell einer juristischen Klärung bedarf, die auch Präzedenzfälle berücksichtigt.

EIKE ALSCHER, Berlin

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