zahl der woche: Mobilcom-Chef Schmid landet noch einen Riesencoup
Furioser Abschied eines Lieblingsmanagers
Vom Maurersohn zum Multimillionär – so etwas gibt es nicht nur im großen Amerika, sondern auch im kleinen Büdelsdorf in Schleswig-Holstein. Gerhard Schmid, Chef der Mobilcom AG, ist es bei den derzeitigen nun wirklich lausigen Zeiten für Telefonkonzerne gelungen, seine knapp 40 Prozent an Mobilcom zu verkaufen. Plus die knapp 10 Prozent seiner Frau. Und das auch noch für einen guten Preis: 22 Euro pro Stück – in den vergangenen Wochen dümpelten die Aktien nur um die 14 Euro herum.
Summa summarum ergibt das gut 570 Millionen Euro in bar. Ob alles so seine Richtigkeit hatte und der Deal nicht gegen das Übernahmegesetz verstößt, will das Bundesaufsichtsamt für Wertpapierhandel zwar noch prüfen. Trotzdem sei Schmid das Geld schon mal gegönnt, auch wenn die deutsche Presse nun einen ihrer Lieblingsmanager verliert.
Der gebürtige Franke und Genießer der Nordseelandschaft finanzierte sein Studium als Eishockeyprofi, war Tourismusdirektor in einem Ostseebad und dann Marketingchef beim Autovermieter Sixt. Von der Abfindung gründete er 1991 Mobilcom, als kaum jemand ein Handy von Ferne gesehen hatte. Während die Deutsche Telekom und die in den Markt drängenden Stromkonzerne für Abermilliarden Mark Kabel verlegten und Funkmasten aufstellen, mietete er die Leitungen und sparte sich so die Investitionen. Mit Kampfpreisen lockte er Millionen Kunden. Und als 1997 der Neue Markt gegründet wurde, war Mobilcom eine von nur zwei Aktienwerten, die anfangs zu kaufen waren.
Zur Börsenboomzeit Anfang 2000 wurde die Firma auf 9,5 Milliarden Euro taxiert – da war Schmid auf dem Papier einer der reichsten Deutschen. Und genau da nahm er für knapp vier Milliarden Euro die France Télécom mit 28,5 Prozent ins Boot. Das entsprach etwa 200 Euro pro Mobilcom-Aktie, die Franzosen bereuen es heute täglich. Jetzt hat Schmid so lange weitere vertraglich festgelegte Investitionen gefordert, bis der hoch verschuldete französische Konzern entnervt aufgab: Paris sorgte dafür, dass die Hauptgläubigerbanken die Anteile der beiden Schmids bis auf weiteres übernehmen, um den Unbequemen los zu werden. Daher auch der Aufschlag auf den derzeitigen Börsenkurs.
Sein größtes Problem lässt Schmid jetzt wohl hinter sich: die UMTS-Lizenz für die Handys der nächsten Generation. Zusammen mit France Telecom hat er sie im Jahr 2000 für 16,73 Milliarden Mark vom Staat ersteigert. Wenn die Franzosen, wie sie zumindest offiziell beabsichtigen, Mobilcom mit einem anderen Handyanbieter zwecks Teilung der UMTS-Investitionskosten fusionieren wollen, dann müssen sie ihre teuer ersteigerte Lizenz an den Bundesfinanzminister zurückgeben. Ohne Entschädigung. Spätestens wenn Minister Eichel sie dann ein zweites Mal verkauft hat, wird Schmid Ehrenbürger nicht nur in Büdelsdorf, sondern in Deutschland. REINER METZGER
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen