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Rechte tun‘s wieder

In der rechtsextremen Szene häufen sich männliche Mehrfachtäter: Drei Studien zufolge beugt Bildung fremdenfeindlichen Taten am besten vor

BERLIN afp ■ Der Anteil der rechtsextremen Mehrfachtäter hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Das geht aus drei Studien und der Auswertung von Ermittlungsakten hervor, wie das Bundesinnenministerium gestern mitteilte. Rund ein Drittel der Tatverdächtigen sei bereits durch politische Straftaten und mehr als die Hälfte durch nichtpolitische Delikte aufgefallen. Neun von zehn Tätern aus der rechtsextremen Szene wurden zudem schon in der Grundschulzeit als sozial auffällig eingeschätzt. Ihre Schulzeit war demnach häufig von Leistungsversagen, Schulabbruch und Straffälligkeit geprägt.

Für die drei 1998 in Auftrag gegebenen Studien wurden mehr als 6.000 Ermittlungsakten, 217 Gerichtsurteile und 115 Interviews mit rechtsextremen Tätern ausgewertet. Den Studien zufolge gibt es einen engen Zusammenhang zwischen Fremdenfeindlichkeit und Bildungsniveau. Menschen mit höherer Schulbildung weisen demnach eine wesentlich geringere Tendenz zu fremdenfeindlichen Straftaten auf. Hauptschulabsolventen sind unter den Tatverdächtigen überrepräsentiert. Widerlegt wurden Vermutungen, wonach die Arbeitslosigkeit eine wesentliche Ursache für Fremdenfeindlichkeit ist. Zwar liege der Anteil der Arbeitslosen unter den Tatverdächtigen über dem der Gesamtbevölkerung, aber die große Mehrheit gehe noch zur Schule, in die Lehre oder sei erwerbstätig. Fremdenfeindliche Straftaten werden laut Studien überwiegend von jungen Männern im Alter von 15 bis 24 Jahren verübt; nur neun Prozent der Tatverdächtigen sind Frauen.

Nach Ansicht von Bundesinnenminister Otto Schily sollten rechtsextreme Gruppen aufgrund ihrer wachsenden Bedeutung verstärkt bekämpft werden. Auch sollte die präventive Jugend- und Sozialarbeit für gefährdete Familien ausgebaut werden, um der Verfestigung krimineller Milieus entgegenzuwirken. Schily verwies auf das Aussteigerprogramm für Rechtsextremisten, den Verbotsantrag gegen die NPD und das Verbot der Organisation Blood & Honour. Für die Bekämpfung des Rechtsextremismus stellte die Bundesregierung im vorigen Jahr zusätzlich 50 Millionen Euro zu Verfügung, in diesem Jahr sind es 47,5 Millionen.

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