: Wachsende Stadt kriegt Nahrung
Senat stellt Sonderprogramm für neue Wohn- und Gewerbegebiete vor ■ Von Gernot Knödler
Der Senat hat gestern beschlossen, 19 neue Wohn- und Gewerbegebiete beschleunigt zu entwickeln. Auf diese Weise will er seinem Ziel einer wachsenden Stadt näher kommen. Der Umweltverband BUND und die GAL taten den Plan als alten Hut ab: Jede dieser Flächen sei bereits bekannt. BUND, SPD und GAL vermissten ein Konzept, mit dem tatsächlich neue Einwohner für Hamburg gewonnen werden können. Die SPD forderte, das Wohnumfeld, die Verkehrsanbindung und die Preise attraktiv zu machen.
Beim Wohnungsbau verlagert der Senat den Schwerpunkt bewusst weg vom Geschosswohnungsbau hin zu Einfamilien- und Stadthäusern: In den zehn neuen Wohnungsbaugebieten sollen insgesamt 1700 Wohnungen entstehen, 1400 davon als Einfamilienhäuser. Zu ihnen kommen 1250 Wohnungen, darunter rund 1000 Einfamilienhäuser, die in Neugraben-Fischbek bereits geplant werden. Alles in allem ein Angebot für rund 10.000 Menschen. Eingebettet ist dieses „Sofortprogramm“ in einen größeren Plan, nach dem bis 2005 rund 25.000 Wohnungen gebaut werden sollen.
Den verstärkten Einfamilienhausbau rechtfertigte Bürgermeister Ole von Beust mit einer besonderen Nachfrage und dem Wunsch, gute Steuerzahler in der Stadt zu halten. Der rot-grüne Senat hatte gehofft, diese Klientele mit neuen Formen des Bauens und Planens in der Stadt halten zu können. Oberbaudirektor Jörn Walter stellte die aus dem Einfamilienhausbau folgende geringere Dichte der Bebauung als Vorzug der neuen Pläne dar.
Die Wohnungen sind überwiegend auf der grünen Wiese vorgesehen: an der Straße Haferblöcken bei der Autobahnauffahrt Jenfeld, am Immenhorstweg in Bergstedt, an der Hoisbütteler Straße am U-Bahnhof Ohlstedt, am Hinsenfeld in Lehmsahl-Mellingstedt, in Allermöhe-West und der Elfenwiese in Marmstorf. Dazu kommt ein unbebautes Stück der Siedlung am Königskinderweg in Schnelsen Nord, die Dieselstraße am U-Bahnhof Ohlstedt, eine Fläche an der Suurheid in Rissen sowie am Rönneburger Kirchenweg.
Fürs Gewerbe sollen neun Flächen mit insgesamt 188 Hektar, vor allem im unterversorgten Norden der Stadt beschleunigt ausgewiesen werden. Darunter ist die Lettow-Vorbeck-Kaserne in Wandsbek, für die auch nachhaltiger Wohnungsbau im Gespräch war, das südliche Flughafenumfeld, eine Freifläche am Plaggenkamp beim U-Bahnhof Hoisbüttel, weitere in Obergeorgswerder am Autobahnkreuz Hamburg Süd, am Mittleren Landweg, dem ehemaligen Huckepack-Bahnhof Rothenburgsort, dem Güterbahnhof Wandsbek, der Holsteiner Chaussee und dem Südlichen Brookdeich in Curslack.
Die GAL vermisste beim Gewerbe eine „qualitative Steuerung“ und „strukturelle Stärkung des Handwerks“. Die Hälfte der Wohn- und Gewerbefächen sei „mittelfristig nicht realisierbar“. Viele lägen in Landschafts- und Wasserschutzgebieten oder Kleingartenkolonien, für die Ersatz beschafft werden muss. Der BUND kritisierte, dass der Senat noch keinen Plan vorgelegt hat, wie er die ihm vorschwebenden 300.000 neuen Einwohner in der Stadt unterbringen will.
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