: Porträt eines Boxers als Popstar
■ „Der Boxprinz“: Doku über Norbert Grupe alias Prinz Wilhelm von Homburg
Von den fünf Weltmeistertiteln, die es beim Profiboxen inzwischen in jeder Gewichtsklasse gibt, hätte er mindestens anderthalb, sagt der heute in Los Angeles lebende Norbert Grupe. Besaß er doch eine rechte Gerade, gegen die in den Sechzigern kein Kraut gewachsen war. Aber der Aufstieg bis ganz nach oben sollte ihm trotz seines großen boxerischen Talents und oft ebensolchen Trainingseifers doch nie gelingen. Was sicher nicht nur daran lag, dass er weniger ein „Gentleman im Ring“ – wie etwa Max Schmeling oder Henry Maske – war, als vielmehr ein Showman wie Muhammad Ali. Denn ähnlich wie Mike Tyson tat er eben auch immer wieder Dinge, die ihm sehr viel mehr schadeten als nützten.
Für sein immer wieder bestürzendes Filmporträt hat Gerd Kroske den einstigen Box-Beatle 1999 in L.A. aufgespürt. Ohne viel Wehmut gibt Grupe Auskunft über die alten Zeiten, als er mit seinem Talent zur Selbstinszenierung (er boxte stets in Nerz-bestickten Shorts) die Boxhallen füllte.
Spätestens als Kroske ihm seinen Kampf um die Europameisterschaft aus dem Jahr 1966 vorführt, wird klar, dass längst nicht alle Wunden verheilt sind: „Dieser französische Onanist“ (über den Ringrichter) habe ihn durch Disqualifikation wegen angeblichen Kopfstoßens um den verdienten Sieg betrogen.
Gestartet hatte Grupe (Jahrgang 1940) seine Karriere als Catcher in den USA. Und dort begann er auch, sich Prinz Wilhelm von Homburg zu nennen, schließlich klingt Grupe doch zu sehr nach Groupie. Von 1964 an mischte Grupe die deutsche Box-Szene auf, deren erster Popstar er wurde. Da konnte es schon mal vorkommen, dass er mit brennender Zigarette im Ring erschien oder großspurig verkündete: „Mildenberger ist keiner.“ Wird Grupes Karriere bis dorthin etwas sporadisch nachgezeichnet, so fehlt natürlich nicht sein legendärer Auftritt im Aktuellen Sportstudio vom Juni 1969. Als ihm die Fragen des Moderators zu der tags zuvor erlittenen Niederlage gegen den Argentinier Oscar Bonavenza zu blöd werden, schweigt er nur noch verächtlich.
Dass er ein „Typ“ war, wie es heute nur noch wenige gibt, wird ihm von Domenica bis Werner Herzog (der ihn in Stroszek einsetzte) attestiert. Dass er für seine etwas zu engen Verbindungen zum Hamburger Rotlichtmilieu und zu den Hell's Angels kurzzeitig ins Gefängnis musste, steht auf einem anderen Blatt – getreu seinem Motto: „Alles ist vergänglich, außer lebenslänglich“. Eckhard Haschen
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