: Historische Chance für den Frieden
Ein Waffenstillstandsabkommen zwischen Regierungstruppen und Unita-Rebellen soll nach 27 Jahren Bürgerkrieg Frieden in Angola bringen. Doch auch wenn die Waffen schweigen, bleiben politisch und wirtschaftlich riesige Aufgaben zu lösen
aus Johannesburg MARTINA SCHWIKOWSKI
„Der Krieg ist vorbei und der Frieden ist für immer zurückgekommen,“ versicherte Angolas Präsident Eduardo dos Santos in einer Ansprache an das Volk. Der Anlass ist historisch: Gestern wurde in der Hauptstadt Luanda ein Waffenstillstandsabkommen unterzeichnet, das nach 27 Jahren Bürgerkrieg und 500.000 Toten den Frieden zwischen den Regierungstruppen und der Rebellenbewegung Unita bringen soll.
Viele Angolaner sind jedoch zurückhaltend und skeptisch, ob die erklärten Absichten dieses Mal Wirklichkeit werden. Indes scheinen die Chancen größer als bei vorherigen Versuchen: Immerhin ist das Schweigen der Waffen erstmals von den Angolanern selbst in Verhandlungen zwischen Führern der Regierungsarmee und der Unita-Rebellenbewegung in der Ostprovinz Moxico auf den Weg gebracht worden.
50.000 Soldaten der Unita (Nationale Union für die vollständige Unabhängigkeit Angolas) und 300.000 Familienangehörige sollen reintegriert werden. Diese offizielle Zahl ist von der Regierung als Zeichen des guten Willens für eine großzügige Eingliederung verkündet worden – tatsächlich kämpften in der Unita am Ende nicht einmal halb so viele Rebellen. Ein im Parlament verabschiedetes Amnestiegesetz garantiert ihnen Straffreiheit für Kriegsverbrechen. Die Integration der Unita-Kämpfer in die Polizei und die 100.000 Mann starke Armee sowie später in geplante Arbeitsplätze in der Landwirtschaft und Kleinbetrieben ist unerlässlich, damit Banditentum und Terrorisierung der Bevölkerung zum Lebenserwerb unterbunden wird.
Vier Millionen Menschen sind im Verlauf des Krieges vertrieben worden. Sie hängen nahezu vollständig von internationalen Geldgebern ab. Jetzt sollen sie zurückkehren – aber auch das erfordert internationale Hilfe, und bislang haben sich die Geber unwillig gezeigt und Erfolgsgarantien verlangt.
Schon 1994 war in Lusaka ein Friedensvertrag geschlossen worden – den beide Seiten nie einhielten. Dieser Vertrag müsse jetzt an die neue Situation angepasst werden, meint Sabine Fahndrych, Leiterin der Friedrich-Ebert-Stiftung in Luanda.
Die Rebellenbewegung steht jetzt vor der Aufgabe, sich in eine politische Partei und am besten in eine starke Opposition umzubilden. Dazu müssen die von den Vereinten Nationen gegen die Unita verhängten politischen Sanktionen aufgehoben werden, damit die Bewegung auf einem Kongress ihre neue Führung bestimmen kann.
Nach dem Tode des Gründers und langjährigen Führers der Unita, Jonas Savimbi, am 22. Februar und dem Tod seines kurzzeitigen Nachfolgers Antonio Dembo ist ein Unita-Komitee für Verhandlungen gebildet worden. Die Leitung hat Generalsekretär Paul Lukamba „Gato“. Er gilt als Hardliner.
Mit der neuen Situation steht auch die Zukunft der seit 1997 bestehenden Regierung der nationalen Einheit zur Disposition, der vier Minister der Unita angehören. Präsident dos Santos hat nicht nur Frieden, sondern freie und faire Wahlen angekündigt. Den Zeitpunkt ließ er offen.
Vor neuen Wahlen allerdings „muss Vertrauen in die Politik geschaffen werden“, meint Sabine Fahndrych. Wahlen gelten als Synonym für Krieg, nachdem der einzige Urnengang 1992 in einer Katastrophe endete.
Die Testphase für ernsthafte Demokratiebestrebungen hat also begonnnen. Offiziell galt Jonas Savimbi stets als größtes Hindernis auf dem Weg zum Frieden – doch in Wirklichkeit hatte auch die Regierung kein Interesse an einem Ende des Krieges, der ihr immerhin einen Vorwand bot, sich um die sozialen Belange der Bevölkerung nicht weiter zu kümmern. Die Haupteinnahmen der ehemaligen sozialistischen MPLA-Regierung aus Ölgeschäften sind nicht etwa der Armutsbekämpfung zugute gekommen, sondern dienten eigener Bereicherung und Waffenkäufen.
Die anwachsende Friedensbewegung in Angola sieht in der Entmilitarisierung der gesamten Gesellschaft eine Grundbedingung für Stabilität. Jeder Angolaner ist im Besitz von Waffen, junge Angolaner kennen nichts als Krieg. Wer die Entwaffnung von Soldaten und Zivilbevölkerung überwacht, ist noch unklar. Es gibt derzeit keine UN-Mission im Land. All das sind Schritte, die noch ausgehandelt werden müssen. Transparenz im Führungsstil der Regierung, der jetzt die Rolle des Friedensstifters zufällt, ist dabei Voraussetzung. Nur dann hat Frieden eine Chance.
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