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Festnahme im Rathaus

Klüngel: Als der Bonner CDU-Fraktionsvorsitzende Reiner Schreiber seinen Rücktritt erklärte, warteten schon Zivilpolizisten vor der Ratstür – Verdunkelungsgefahr

KÖLN taz ■ Sein Rücktritt war erwartet worden, doch mit einem derart spektakulären Abgang rechnete niemand: Gestern wurde der bisherige Chef der Bonner CDU-Ratsfraktion, Reiner Schreiber, verhaftet. Noch am Vormittag hatte der CDU-Landesvorsitzende Jürgen Rüttgers das Präsidium der Bundes-CDU in Berlin nur knapp über die Bonner Affäre und den unmittelbar bevorstehenden Rücktritt Schreibers informiert. Gegen 17.30 Uhr schlug dann die Bombe ein: Beim Verlassen des Rathauses wurde Schreiber von zwei Zivilpolizisten verhaftet – wegen Verdunklungs- und Fluchtgefahr. Für Bonns Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann eine „politische Kathastrophe“.

Schreiber ist über drei Beraterverträge gestürzt, die er mit Firmen hatte, die entweder wirtschaftlich mit den Bonner Stadtwerken verwoben waren oder vom Technologiekonzern ABB zur Landschaftspflege benutzt wurden. Die Ermittler nehmen an, dass Schreiber seine potenten Geldgeber über Angebote der Konkurrenz informiert und dafür Geld kassiert haben könnte. Bei den Millionenprojekten ging es um die Sanierung eines Heizkraftwerks, die Errichtung der Bonner Müllverbrennungsanlage und um die geplante Teilprivatisierung der städtischen Abfallentsorgung. Seit Anfang vergangenen Jahres ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Bestechlichkeit gegen den früheren Stadtdirektor und Chef der Stadtwerke (SWB). Nun fand sie ein schwarzes Konto in der Schweiz mit 1,5 Millionen Euro. Schreiber soll es während seiner Zeit als SWB-Chef angelegt haben. „Das ist sein Konto“, sagte Fred Apostel von der Bonner Staatsanwaltschaft der taz.

Erstaunlich nur, dass die Existenz der umstrittenen Beraterverträge erst jetzt bekannt wurde. So bestätigte Apostel die Darstellung des Schreiber-Rechtsanwalts Norbert Gatzweiler, dass die Verträge bereits bei einer Durchsuchung im Mai 2001 gefunden wurden und der Verdacht gegen den CDU-Ratsherrn somit nicht erst nach jüngsten Beschlagnahmungen in der Schweiz entstanden sei.

Im Kölner SPD-Spendenskandal wird der ehemalige Kassierer Manfred Biciste der SPD nun doch die Namen der Empfänger fingierter Spendenquittungen nennen. Das sei das Ergebnis eines Treffens zwischen Biciste und dem Generalsekretär der NRW-SPD, Michael Groschek, sagte Bicistes Anwalt Reinhard Birkenstock der taz. Demnach werde die SPD zuerst vertrauliche Gespräche mit den Betroffenen führen und erst dann die Namen in der Öffentlichkeit nennen. Würden diese Konditionen nun noch von der SPD bestätigt werden, könne man die Namen nennen. Aber das sei wohl nur eine Formsache, so Birkenstock: „Die Herren sind ja nicht zur Bürobesichtigung zu mir gekommen.“ Unterdessen hat die Kölner Oberstaatsanwältin Regine Appenrodt bestätigt, dass gegen mindestens 38 SPD-Mitglieder aus Köln und Umgebung Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung, Untreue und Beihilfe zum Betrug eingeleitet worden sind. Bei ihnen soll es sich um die auf der Biciste-Liste aufgeführten Quittungsempfänger handeln.

PASCAL BEUCKER

FRANK ÜBERALL

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