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SPD in Erklärungsnot

Kölner Spendenaffäre bringt Parteispitze in Bedrängnis. Wirtschaftsprüfer hat Bundespartei früher informiert als von der SPD behauptet. CDU wirft Müntefering Falschaussage vor

BERLIN taz ■ Im Finanzskandal der Kölner SPD ist die Führung der Bundespartei durch die Aussage eines Wirtschaftsprüfers in Bedrängnis geraten. Wie der Prüfer Dieter Menger gestern vor dem Parteispenden-Ausschuss des Bundestags mitteilte, sind der Bundespartei die angeblichen Empfänger der falschen Spendenquittungen schon seit Wochen bekannt. Dies hatte die Partei bislang bestritten.

Der ehemalige Schatzmeister der Kölner SPD, Manfred Biciste, schilderte vor dem Ausschuss das System zur Stückelung von Spenden. Eine weitere Schlüsselfigur der Affäre, der frühere SPD- Ratsfraktionsvorsitzende Norbert Rüther, verweigerte die Aussage mit Hinweis auf die gegen ihn laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft.

Menger, der die Affäre im Auftrag der Kölner Sozialdemokraten untersucht hatte, sagte aus, er habe seinen Bericht bereits am 14. März an SPD-Bundesschatzmeisterin Inge Wettig-Danielmeier geschickt. Im Anhang habe er bis auf einen Zweifelsfall die 42 angeblichen Empfänger der fingierten Spendenquittungen identifiziert, die Biciste der Partei bislang nur in einer anonymisierten Aufstellung genannt hatte.

SPD-Generalsekretär Franz Müntefering hatte vor dem Ausschuss am 21. März versichert, er kenne die Biciste-Liste nicht. Auch sei ihm niemand bekannt, der die Liste kenne. SPD-Mitglieder im Ausschuss reagierten verärgert auf die überraschende Mitteilung Mengers. Es sei unverständlich, dass die SPD-Zentrale nicht früher mit den Erkenntnissen aus dem Prüfbericht an die Öffentlichkeit gegangen sei. Die Schatzmeisterin müsse dafür eine Erklärung abgeben, hieß es.

Müntefering erklärte in Berlin, er habe dem Untersuchungsausschuss die Wahrheit gesagt. Die Bemühungen, der anonymisierten Biciste-Liste konkrete Namen zuzuordnen, seien „bisher nicht abgeschlossen“. Ein SPD-Sprecher betonte, die Aufstellungen Bicistes und des Wirtschaftsprüfers müssten vor einer Veröffentlichung auch deshalb abgeglichen werden, „weil die Glaubwürdigkeit der Biciste-Liste nicht ohne weiteres angenommen werden kann“. Von Wettig-Danielmeier, die zurzeit im Urlaub ist, lag keine Stellungnahme vor.

Nach Ansicht der Union hat die SPD-Affäre mit diesem Vorgang „eine neue Dimension erreicht“. Müntefering habe „den Ausschuss und die deutsche Öffentlichkeit belogen“, sagte ihr Ausschuss-Obmann.

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