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DGB will Mindeststeuer für Konzerne

Wegen des Rückgangs der Unternehmenssteuern plädiert der Deutsche Gewerkschaftsbund für eine Reform der Reform: Die rot-grüne Regierung solle zusehen, dass Firmen einen vernünftigen Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwesens leisteten

von HANNES KOCH

Ein halbes Jahr vor der Bundestagswahl setzt sich der Deutsche Gewerkschaftsbund DGB deutlich von der Steuer- und Finanzpolitik der Bundesregierung ab. Der DGB beklagt, dreieinhalb Jahre rot-grüner Regierung hätten dazu geführt, dass die Unternehmen einen zunehmend kleineren Teil vom gesamten Steueraufkommen zahlten, die Beschäftigten dagegen mehr. In seinem Gutachten „Arbeitnehmersteuern hoch – Unternehmenssteuern runter“ plädiert der Gewerkschaftsbund für eine Reform der Finanzpolitik.

Die Bundesregierung solle dafür sorgen, einen weiteren Rückgang bei den Unternehmenssteuern zu verhindern. Besonders die Steuerbefreiung bei Verkäufen von Tochterfirmen müsse rückgängig gemacht werden, heißt es in der Studie.

Seit Anfang diesen Jahres können Konzerne wie die Allianz-Versicherung oder die Deutsche Bank Firmenbesitz verkaufen und brauchen unter bestimmten Umständen für die damit erzielten Gewinne keinen Euro Abgaben zu entrichten. Die Begründung der rot-grünen Koalition lautet, man wolle die „Deutschland AG“ aufbrechen, also das alte Beteiligungsgeflecht zwischen den großen Unternehmen auflösen, das die Modernisierung der Wirtschaft verhindere. Die Belastung von Firmenverkäufen mit Steuersätzen von 50 Prozent habe in der Vergangenheit verhindert, dass Betriebe den Besitzer wechselten.

Ohne diese Argumentation grundsätzlich in Frage zu stellen, schreiben die Experten vom DGB, dass „für Gewinne aus der Veräußerung von Anteilsbesitz von Kapitalgesellschaften wenigstens ein Mindeststeuersatz erhoben werden müsse“. Überhaupt gehe es nicht an, dass profitable Konzerne infolge der rot-grünen Reformen gar keine Steuern zahlten. Aktuelles Beispiel ist die Deutsche Bank, die gegenüber ihren Aktionären für das Jahr 2001 einen Gewinn von rund 600 Millionen Euro ausweist und trotzdem keine Gewerbesteuer abführen muss. Der Gewerkschaftsbund kommt zu der Schlussfolgerung: „Vielleicht sollte eine generelle Mindestbesteuerung von Konzernen eingeführt werden, um zu verhindern, dass diese überhaupt keine Steuern zahlen.“

Die Studie stellt die Einnahmen aus Gewinnsteuern von Selbstständigen und Unternehmen den Abgaben gegenüber, die die abhängig Beschäftigten entrichten. Während das Lohnsteueraufkommen zwischen 1999 und 2002 (Schätzung) von 133,8 Milliarden Euro auf 137 Milliarden steigt, nimmt zum Beispiel die Körperschaftssteuer der Firmen von 22,4 Milliarden Euro auf 11,5 Milliarden ab. Die Bundesregierung hat die Körperschaftssteuer von 30 bis 45 Prozent auf 25 Prozent gesenkt – mit dem Ergebnis, dass mancher Konzern gegenwärtig keine Körperschaftssteur zahlt. Einige bekommen sogar noch was vom Staat zurück.

Studie: www.dgb.de

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