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Vorbei die Tafel-Freuden!

■ Um die Bremerhavener Tafel und die Nord-Bremer Tafel ist es schlecht bestellt: Die eine ist insolvent, die andere steht vor dem Aus / Eine Bilanz

Auch gute Idee gehen Pleite. Die „Tafeln“ im Land trifft es allerdings gerade besonders dick: In Bremen-Nord ist die Lebensmittelvergabe für Bedürftige seit einem Insolvenzverfahren dicht. Jetzt droht auch der Bremerhavener Tafel das Aus: Der Mietvertrag ist bereits gekündigt. Ohne 17.000 Euro finanzieller Unterstützung wird auch dieses Projekt am 30. Juni begraben.

Dabei ist die Zahl der Bedürftigen, die im Bundesland seit fast sechs Jahren über die Tafeln versorgt werden, stetig gestiegen: 1.800 Personen sind es allein in Bremerhaven. In Bremen kamen anfangs rund 100 Leute täglich, inzwischen „geht die Tendenz eher auf 300“, sagt Wilfried Runge von der Bremer Tafel. Das Prinzip ist überall das gleiche: Die Tafeln holen übriggebliebene Lebensmittel von Supermärkten, Bäckereien und Drogerien ab und verteilen sie kos-tenlos in ihren Ausgabestellen: An Rentner, die mit ihren Bezügen nicht auskommen, ebenso wie an Sozialhilfe-Empfänger, die schon nach zwei Wochen alles versoffen haben.

Laut dem Bundesverband Deutsche Tafel e.V sind die Schließungen im kleinsten Bundesland aber eine „absolute Ausnahmesituation“. Und vor allem: „hausgemacht“. Sowohl in Blumenthal als auch in Bremerhaven sind die Organisatoren mit den eingeworbenen Spenden und den Lebensmitteln nicht hingekommen.

In Bremerhaven beispielsweise musste die Arbeiterwohlfahrt (AWO) als geschäftsführender Verband jedes Jahr um die 15.000 Euro für Miete, Fahrzeug und Sprit dazuschießen. Vor zwei Jahren hat man als erste Maßnahme zwei Mark „Verwaltungsgebühr“ von den Bedürftigen kassiert, um die Kosten zu senken. Trotzdem fehlen auch dieses Jahr wieder 17.000 Euro. „Wir können nicht mehr“, klagt Manfred Jabs von der AWO. Schließlich müsse auch der Wohlfahrtsverband mit immer weniger Zuschüssen auskommen. „Irgendwo müssen wir die Notbremse ziehen.“

Hoffnung würde nur ein finanzkräftiger Tafelpartner bringen. Deswegen gehen die Betreiber und die AWO jetzt in die Offensive: Vergangene Woche ein Streitgespräch im Offenen Kanal, das die Öffentlichkeit mobilisieren sollte. Jetzt will man Druck auf den Ma-gistrat machen. Andere Städte bezuschussen nämlich die Ausgabestellen oder stellen ihnen mietfrei Räume bereit. In Bremen beispielsweise zahlt das Sozialressort jedes Jahr 5.000 Euro. „Warum geht das nicht auch in Bremerhaven?“, fragt Tafel-Leiter Richard Beuthien.

Weil das Geld fehlt, so die schlichte Antwort. Die SPD würde zwar gerne. Aber mit dem konservativen Koalitionspartner sei da nichts zu machen. „Wofür gibt es denn Sozialhilfe“, kontert der stellvertretende CDU-Vorsitzende Michael Teiser. „Würden wir zahlen, stellen wir doch das ganze System in Frage.“

In Blumenthal sieht der Tafel-Bankrott noch mal ganz anders aus. Letzten Sommer musste bereits der Insolvenz-Verwalter anrücken, der mangels Masse das Verfahren inzwischen eingestellt hat. Nebenbei wird vor dem Amtsgericht Blu-menthal aber noch anderes über finanzielle Ungereimtheiten des Vereins verhandelt. So soll der erste Vorsitzende sowie die Finanzverwalterin 1.000 Mark aus dem Vereinsvermögen zur Begleichung privater Mietschulden genommen haben. Ein Strafbefehl wegen Beleidigung soll im Juni gleich mit verhandelt werden.

Zwar wollen zwei Nachfolge-Organisationen, die „Lebensmittelhilfe Aumund“ und die „Hanseatische Nahrungsmittelausgabe“ die Tafel-Arbeit übernehmen. Aber auch bei denen fürchtet der Bundesverband inzwischen neuen Ärger. Die Immobilien-Maklerin, die die „Hanseatische Nahrungsmittelausgabe“ wuppen will, soll den geschützten Titel „Tafel“jedenfalls nicht bekommen. Unvereinbar sei ihr Auftreten mit den „uneigennützigen“ Prinzipien der Tafel, so die Bundesvorsitzende Sabine Werth. Sie fürchtet, da könne sich jemand auf Kosten der Tafel profilieren und Geschäftskontakte ausnutzen.

Schwarze Schafe gebe es inzwischen überall, seufzt auch ihre Kollegin in Niedersachsen Margrit Bengen. Einrichtungen wie der gut laufenden „Bremer Tafel“ mit ihren Ausgabestellen in Hastedt und Gröpelingen macht der Imageverlust allerdings schon zu schaffen. „In Mark und Pfennig“ ließe sich das nicht benennen, so Wilfried Runge. Aber eine gewisse Zurückhaltung bei Sponsoren sei nach entsprechenden Presseberichten schon bemerkbar.

Dorothee Krumpipe

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