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Wenn der „Vater“ mit dem „Sohne“

Bergedorfer Jugendclub-Leiter gab sexuelle Handlungen an Jugendlichen zu und kam mit einer Bewährungsstrafe davon  ■ Von Kaija Kutter

17 Jahre lang leitete Burkhard R. das Haus der Jugend (HdJ) im Bergedorfer Lichtwarkhaus. Ein Fehler, das wurde gestern bei einem Prozess vor dem Amtsgericht klar. R. fühlte sich sexuell zu Jungen hingezogen und nutzte seine Position aus. Der Pädagoge gestand sexuelle Handlungen mit einem Schutzbefohlenen und wurde deshalb verurteilt. Das Jugendamt hat angeblich von nichts gewusst, soll aber schon Anfang der 90er Hinweise erhalten haben.

Er sei „geschockt“ gewesen, als er im Sommer 2001 von den Vorwürfen erfuhr, erklärte nach Pro-zessende ein Vertreter des Bergedorfer Jugendamts. Beschwerden von Eltern habe es bis dato nicht gegeben. Erzieher aus anderen Bergedorfer Jugendhäusern zweifeln dies an. Hätten sie doch Anfang der 90er dem Amt einen ähnlichen Vorfall, der R. belastete, gemeldet. Auch irritiert in der Bergedorfer Szene, dass das Jugendamt R.s Vertrag sofort auflöste und ihn nicht bis zum Ausgang des Prozesses beurlaubte. Vom Bezirksamt war gestern dazu keine Stellungnahme zu bekommen.

Der Angeklagte hatte zunächst die Vorwürfe bestritten, sie angesichts der Indizien dann aber doch zugegeben, so dass dem Opfer eine Aussage erspart blieb. Urteil von Richter Olof Masch: 18 Monate Freiheitsstrafe, die zur Bewährung ausgesetzt werden, und die Auflage, nicht mehr mit Jugendlichen zu arbeiten.

In vier Fällen, das legte ihm die Staatsanwaltschaft zur Last, soll er vom Sommer 1997 bis Sommer 1998 sexuelle Handlungen an dem damals 15- und 16-Jährigen vorgenommen haben, im fünften Fall sei es beim Versuch geblieben. R. soll den Jungen auf einer Griechenlandreise beim Masturbieren fotografiert und sich dabei befriedigt haben. Ferner sollte er P. bei weiteren Treffen im HdJ-eigenen Body-Building-Raum zu sado-masochistischen Handlungen ermuntert haben. Taten, die Erwachsene auch mit über 16-Jährigen nicht tun dürfen, wenn es sich um Schutzbefohlene handelt.

Der 51-Jährige gab zunächst nur das Fotografieren zu – „ich mache gern Aktfotos“ – und stritt den Rest ab. Doch Fotos und andere Beweisstücke, welche die Kripo im August 2001 bei einer Durchsuchung seines Büros sicherstellten, belasteten ihn schwer. Allein sechs Filme zu je 36 Bildern – von R. unter falschen Namen zur Entwicklung gegeben – zeigen den unbekleideten P. „Wir hatten ein Verhältnis wie Vater und Sohn“, sagt R.

Schließlich legte Richter Olof Masch einen Leitz-Ordner mit Texten über sadistische Bestrafungsrituale vor, der im Büro des HdJ-Chefs gefunden wurde. Zu viel be-lastendes Material, wie wohl auch R.s Anwalt befand, der nach einer Prozesspause erklärte: „Der Angeklagte bestätigt die Vorwürfe.“ Nur habe die Sache erst 1998 begonnen.

Übrigens: Zusätzlich bekam R. die Auflage, 1000 Euro Geldbuße an die Beratungsstelle „Zornrot“ zu zahlen, die auch männliche Jugendliche berät und das Verfahren in Gang brachte. Eben diese Beratung hat Schwarz-Schill gerade weggespart.

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