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Teure Lust auf Luft

Nach der Euroumstellung haben auch die Hamburger Eisdielen ihre Luftpreise zu Saisonbeginn kräftig erhöht  ■ Von Silke Schlichting

Auch das noch. Nach einer saftigen Erhöhung der Bierpreise bringen die ersten wärmeren Sonnenstrahlen die nächste Eurosünde ans Licht: den gestiegenen Eispreis. Durchschnittlich bis zu zwanzig Prozent mehr kosten die heiß begehrten Kugeln in dieser Saison – die Preise rangieren zwischen 50 Cent (bei „Livotto“ am Jungfernstieg) und 2,10 Euro (bei „Häagen Dasz“ an der Gerhofstraße) für den cremigen Gaumenspass.

Dabei begründen die meisten Eisdielenbetreiber die Preiserhöhungen nicht mit der Euroumstellung, sondern mit den gestiegenen Milch- und Obstpreisen: „Vor allem die Maul- und Klauenseuche hat uns zugesetzt“, sagt Ralf van der Put, Betreiber von drei Eiscafes. Die Zentrale Markt- und Preisberichtstelle für Erzeugnisse der Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft in Bonn kann diese wahnsinnige Behauptung jedoch nicht bestätigen: Der Milchpreis ist gegenüber dem Vorjahr nur unwesentlich angestiegen.

Auch Lars Reiprich, Betreiber der drei „Eiszeit“-Filialen, will die Schuld an der Misere nicht auf wehrlose Kühe abwälzen, die nichts für die gierigen Preisschneiderein können: „Das ist eine Lachnummer, seit Jahren nehmen meine Zulieferer die gleichen Preise.“ Bei „Eiszeit“ ist die Kugel jetzt für 60 Cent (1,17 Mark) statt 1,10 Mark zu haben. „Um die Abrechnung zu beschleunigen, haben wir einen runden Betrag gewählt. Und nach unten auf 50 Cent abrunden, das macht kein Unternehmer.“ Ein Argument, was man in den vergangenen Monaten des häufigeren zu hören bekam.

Ob unternehmerisches Geschick oder geschickte Abzocke – Häagen-Dasz-KundInnen sind an den Spitzenpreis von 2,10 Euro schrittweise herangeführt worden. Zahlten sie noch im Sommer 2,80 Mark für die Kugel, legten sie seit November letzten Jahres 3,91 Mark auf den noblen Tresen. So schmerzte die Erhöhung auf 2,10 am Anfang des Jahres auch nicht mehr. Doch Benja Stuwe, Shop-Managerin der Filiale an der Gerhofstraße, weiß den außergewöhnlichen Preis zu begründen: Schließlich handele es sich bei dem Luxusartikel aus Dänemark auch um ein außergewöhnliches cooles Produkt. „Unser Eis besteht ja auch nicht zu 50, 60 Prozent aus Luft, so wie bei Ä– piep! –Ü.“

Oder etwa doch? Armin Valet von der Verbraucher-Zentrale Hamburg – selbst leidenschaftlicher Eisexperte – beschreibt den Geschmack luftleeren Eises so: „Das ist dann eher sandig als sahnig.“ Und daran erinnert sich wohl jeder noch immer wieder ungern, der sich früher an O-Saft am Stiel erfrischt hat und danach tagelang unter einer aufgeschubberten Zunge leiden musste.

So ist die Eigenproduktion des zarten Schmelzes nicht nur die zungen-, sondern auch die geldbeutelfreundlichere Alternative, um die Lust nach gefrorenem Nass zu befriedigen. Ein kinderleichtes Rezept geht so: 250 g gewaschene Erdbeeren mit der Gabel zerdrü-cken, 2 Eßlöffel Honig dazugeben und gut verrühren. 250 g süße Sahne steif schlagen und mit der Erdbeersoße vermischen. Dann in eine mit kaltem Wasser ausgespülte Plastikdose füllen, verschließen, einfrieren, fertig! Das klingt jetzt vielleicht ein bisschen nach Tupperparty und Jean Pütz, ist aber die leichteste Übung, um der Eis-Mafia zu entgehen.

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