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Ein Platzverweis schützt Frauen

Prügelnde Männer können von Polizei aus Wohnung geworfen werden. Gewaltschutzgesetz zeigt Wirkung

Der Ehemann bedroht seine Frau mit einem Messer. „Wenn du Angst hast, ruf doch die Polizei“, sagt er. Genau das tut seine Partnerin. Die Folge: Die Polizisten werfen den Mann aus der gemeinsamen Wohnung. Platzverweis heißt das in der Fachsprache und bedeutet: Auch ohne richterlichen Beschluss können Polizisten gewalttätige Ehemänner – und gegebenenfalls natürlich auch Ehefrauen – längerfristig der Wohnung verweisen. In einem Problelauf testen Berliner Polizisten momentan diesen Platzverweis. Mit Erfolg.

Der Platzverweis stellt eine Ergänzung zum bundesweiten, zivilrechtlichen Gewaltschutzgesetz dar, das seit Anfang des Jahres in Kraft ist. Kern des Gesetzes: Der Täter geht, das Opfer bleibt. Ein vereinfachtes Wohnungszuweisungsrecht sorgt dafür, dass Täter ausziehen müssen und das Opfer maximal sechs Monate ohne den Partner in der gemeinsamen Wohnung bleiben kann. Bisherige Schwachstelle des neuen Gesetzes: der Zeitraum zwischen Gewaltdelikt und richterlicher Entscheidung. Ursula Falkenstern, Kriminaldirektorin des LKA: „Wenn unsere Beamten nachts um zwölf zu Opfern häuslicher Gewalt gerufen werden, findet man keinen Richter, der sofort eine entsprechende Anordnung ausstellen wird.“ Zeitgleich zum Inkrafttreten des Gesetzes hat die Berliner Polizei deshalb in der Direktion 7 den Probelauf gestartet. Die Polizisten können einen Platzverweis aus der gemeinsamen Wohnung verhängen, damit das Opfer vor Gericht ziehen und zivilrechtliche Schutzmöglichkeiten erwirken kann. Achtzig dieser Platzverweise wurden in den letzten drei Monaten stadtweit bereits ausgesprochen. Für Falkenstern zeigt diese Quote, „dass unsere Beamten für das Thema häusliche Gewalt sensibilisiert sind“. Es sei heute das Bewusstsein verankert, dass häusliche Gewalt eine Straftat ist und verfolgt werden müsse. Inzwischen rückten die Beamten mit Blaulicht zu Einsätzen bei häuslicher Gewalt aus.

Insgesamt ziehen Berliner Hilfsorganisationen, Polizei und Politik eine positive Bilanz des Gewaltschutzgesetzes. Irma Leisle von BIG, dem Interventionsprojekt gegen häusliche Gewalt: „Es haben immer mehr Opfer häuslicher Gewalt den Mut, sich zu melden und auch entspechende Schritte einzuleiten.“ Die Interventionsgruppe bietet via Hotline Beratung und Hilfe an. Seit dem Inkraftreten des Gesetzes hätten sich bei der Initiative 1.522 Anrufer gemeldet, die Hilfe bei häuslicher Gewalt suchten, erklärt Leisle. In 58 Fällen rückte die mobile Interventionsgruppe aus. 18 der Opfer haben die Mitarbeiterinnen zum Gericht begleitet, damit diese zivilrechtliche Schritte gegen den prügelnden Partner einleiten konnten. Regina Michalik, Landesvorsitzende der Grünen: „Noch nie gab es ein Gesetz, das so schnell gegriffen hat.“

Doch noch immer sei das Ausmaß häuslicher Gewalt eklatant, sagt Regina Michalik. Der Bund habe seine Aufgabe erfüllt, jetzt seien die Länder in die Pflicht genommen. „Politik, Justiz, Polizei, Beratungsstätten und Öffentlichkeit müssen zusammenarbeiten und eine entsprechende Infrastruktur für die Opfer schaffen.“ Diese interdisziplinäre Zusammenarbeit funktioniere in Berlin ausgezeichnet, lobte Falkenstern. Es sei berlinweit ein Netzwerk aus Behörden und unabhängigen Hilfsprojekten entstanden: „Berlin ist im Umgang mit dem Problem der häuslichen Gewalt Vorreiter.“

ANGELIKA HENSOLT

Erste Hilfe bei häuslicher Gewalt leistet unter anderem die BIG-Hotline: 61 10 300 (Mo–So 9–24 h)

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