: Ehre auf Raten
Georg Gafrons kleines Medienreich wird noch kleiner: Er hat die Geschäftsführung des Radiosenders 100,6 und von TV.Berlin niedergelegt – noch bleibt ihm die „B.Z.“
Da geht es hin, das Reich des Georg Gafron, des kleinen, kampflustigen Medien-Statthalters in Berlin. Zu seinem Mini-Imperium gehörten bislang Springers Boulevard-Blatt B.Z., der Radiosender 100,6 und das Lokalfernsehen TV.Berlin. Die Sender gehören zum viel größeren, dummerweise insolventen Medienimperium des Leo Kirch.
Gafron hat nun die Geschäftsführung von 100,6 und TV.Berlin niedergelegt. Christian Böhmer, neben Gafron der zweite Geschäftsführer bei TV.Berlin, wollte das gegenüber der taz zwar nicht bestätigen, verwies aber auf die Agenturmeldungen. Bei 100,6 war niemand zu erreichen, der sich zu Gafrons Schritt äußern durfte. Laut den Agenturen haben aber sowohl TV.Berlin als auch 100,6 Gafrons Ausscheiden bestätigt. Die Kirch’schen Ballungsraumsender, zu denen auch Hamburg 1 und TV.München gehören, waren schon vor der Insolvenz von der Schließung bedroht, sie machen seit jeher Verluste. Und 100,6, der Leo Kirchs Sohn Thomas gehört, soll eigentlich schon seit Monaten verkauft werden. Wie der Berliner Tagesspiegel am Dienstag berichtete, habe auch Georg Gafron versucht, Anteile an dem Sender zu erwerben – vergeblich. Der Vertrag mit einem anderen Käufer soll kurz vor dem Abschluss stehen.
Ende der Mobilmachung
Gafrons Arbeitstag wird also kürzer. Bislang wieselte er täglich zwischen seinen Medien hin und her und machte publizistisch, gerne auch über seine Talkshow auf TV.Berlin oder „Experten“-Kommentare in der B.Z., mobil gegen die rot-grüne Regierungskoalition und gegen Rot-Rot in Berlin. Die PDS darf laut interner Redaktionsanweisung nur als „SED-Nachfolgepartei“ in der Berichterstattung auftauchen. Bei 100,6 und TV.Berlin dürfte es damit nun vorbei sein.
Nicht so bei der B.Z. – Gafrons Chefredakteursposten dort soll allerdings vor allem wegen seines innigen Verhältnisses zu Leo Kirch bislang recht sicher gewesen sein. Doch Kirchs Einfluss bei Springer ist passé. Sein 40-Prozent-Anteil an dem Verlag steht zum Verkauf, einen kleinen Anteil würde sich auch Friede Springer gerne sichern. Für Gafron dürfte es nun also gelten, mit der B.Z. gute Stimmung im Hause Springer zu machen. Insbesondere zumal Gafron ein ziemlich gespanntes Verhältnis zu Vorstand Mathias Döpfner nachgesagt wird.
Aber Gafron, der gestern leider nicht zu erreichen war, wird das natürlich nicht jucken. Schließlich hatte der Mann mit Hang zu markigen Sprüchen vor knapp zwei Wochen, als die KirchMedia Insolvenz anmeldete, schon gesagt: „Der gemeinsame Untergang mit einem Unternehmer wie Leo Kirch – selbst der ist noch eine große Ehre, gemessen am jämmerlichen Dasein so vieler anderer.“ Dass er am Ende ganz ohne Job dasteht, wird aber auch der rege kleine Mogul sicherlich zu verhindern versuchen. HEIKO DILK
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