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DGB jubelt nicht

Gewerkschaft reagiert äußerst zurückhaltend auf das Wahlprogramm der SPD und fordert mutige Reformen

BERLIN taz ■ Das SPD-Wahlprogramm erfreut die Gewerkschaften nur eingeschränkt. „Man kann damit leben“, sagte die stellvertretende DGB-Vorsitzende Ursula Engelen-Kefer gestern in Berlin. „Aber Jubelstürme ruft das Programm nicht hervor.“

Die Zurückhaltung hat Gründe. So wird etwa die „kalte Aussperrung“ im SPD-Papier nicht erwähnt. Dabei hatte der rot-grüne Koalitionsvertrag einst vorgesehen, eine Gesetzesänderung der Kohl-Regierung zu kassieren: Arbeitnehmer von Betrieben, die durch Streiks anderswo ihre Produktion herunterfahren müssen, sollten wieder Kurzarbeitergeld erhalten. Davon ist nun nicht mehr die Rede.

Engelen-Kefer, selbst SPD-Vorstandsmitglied, bedauerte auch, dass das Wahlprogramm bisher „nicht genau sagt, wie mehr Steuergerechtigkeit erreicht wird“. Der DGB jedenfalls fordert eine Reform der Körperschaft- und der Einkommensteuer, um Kapitalgesellschaften und hohe Einkommen stärker zu belasten. Es dürfe nicht sein, dass das Steueraufkommen von Unternehmern oft „unbedeutender ist als die Biersteuer“.

Auch andere DGB-Wünsche fanden bisher nicht in das SPD-Programm. Dazu gehört etwa ein erweiterter Kündigungsschutz oder das Verbandsklagerecht, falls Unternehmen gegen Tarifverträge verstoßen.

An einigen Stellen konnten die Gewerkschaften den Entwurf des SPD-Wahlprogramms allerdings noch sozialpolitisch schärfen, bevor es gestern von Parteichef und Kanzler Gerhard Schröder öffentlich vorgestellt wurde. Am wichtigsten: Es wird nun betont, dass die Arbeitslosenhilfe nicht auf das Niveau der Sozialhilfe sinken werde.

Zufrieden war Engelen-Kefer auch, dass es den Gewerkschaften immerhin gelungen sei, die Deregulierung des Arbeitsmarktes zumindest in den SPD-Formulierungen zu bremsen. Das Wahlprogramm spricht nun nicht mehr von „Förderung“, sondern von „Gestaltung“ befristeter Beschäftigung und Zeitarbeit. ULRIKE HERRMANN

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