: Verhärtete politische Fronten in Ruanda
Die Regierung in Kigali wirft den Expräsidenten ins Gefängnis. Hutu- und Tutsi-Exilpolitiker gründen ein Bündnis. Aber die mangelnde Abgrenzung zu ruandischen Völkermordmilizen im Kongo ist für die Opposition ein Problem
BRÜSSEL/BERLIN taz ■ In Ruanda verschärft die Regierung unter Präsident Paul Kagame den Umgang mit ihren politischen Gegnern. Der frühere Staatschef Pasteur Bizimungu und der frühere Bauminister Charles Ntakirutinka wurden am vergangenen Freitag festgenommen und sitzen seit der Vorführung vor einen Richter am Montag im Zentralgefängnis der Hauptstadt Kigali. Ihnen drohen bei einem Prozess bis zu zehn Jahren Haft.
Der Hutu Bizimungu war bis März 2000 Präsident von Ruanda, hatte aber weniger Macht als sein Vize Kagame, Führer der regierenden Exguerillabewegung RPF (Ruandische Patriotische Front). Unter Korruptionsvorwürfen gab Bizimungu dann sein Amt an Kagame ab. Im Juni 2000 gründete er mit Ntakirutinka zusammen die „Partei für Demokratie und Erneuerung“ (PDR). Diese wurde sofort wegen angeblicher Aufstachelung zum Rassenhass verboten, Bizimungu verlor seine Privilegien als Expräsident und stand eine Zeit lang praktisch unter Hausarrest.
Das Schicksal der beiden prominenten Politiker erregt großes Aufsehen, denn Gegner der Regierung Kagame ziehen es sonst vor, ins Exil zu gehen. Die Verhaftungen kommen zu einem delikaten Zeitpunkt: Die Friedensverhandlungen für die benachbarte Demokratische Republik Kongo, wo Ruandas Armee gegen Hutu-Milizen kämpft und kongolesische Rebellen unterstützt, haben Ruandas Stellung geschwächt, indem Uganda und seine Verbündeten auf die Seite der von Ruanda bekämpften kongolesischen Regierung wechselten. Und die zahlreichen ruandischen Exiloppositionellen haben sich in einer breiten Koalition zusammengeschlossen.
Die „Allianz für Demokratie und nationale Versöhnung“ (ADRN) wurde Ende März auf einer Tagung in Bad Honnef bei Bonn gegründet. Sie schließt Hutu und Tutsi ein und reicht von RPF-Dissidenten bis hin zu Vertretern der ruandischen Hutu-Milizen, die im Kongo gegen Ruandas Armee kämpfen. Ihr Koordinator ist der 60-jährige Tutsi Valens Kajeguhakwa, ein während der 80er-Jahre reich gewordener Geschäftsmann und Finanzier der RPF während deren Guerillakrieg 1990-94. Seit zwei Jahren lebt er in den USA.
Nach Kajeguhakwas eigener Darstellung, die er in Brüssel auf einer Pressekonferenz darlegte, besteht die ADRN aus drei Strömungen. Da sind zum einen Ruandas Monarchisten, die zur Versöhnung zwischen Hutu und Tutsi das Königtum wiedereinführen möchten. Ihr Führer Déogratias Mushayidi ist heute ADRN-Sprecher. Dann ist da die vor kurzem gegründete „Allianz zur Wiedergeburt der Nation“ (Arena), ein Sammelbecken für Hutu- und Tutsi-Exilpolitiker. Und dritter Teil der ADRN sind die „Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas“ (FDLR), politischer Arm der ruandischen Hutu-Milizen im Kongo.
Das allerdings schwächt die Glaubwürdigkeit des neuen Bündnisses. Ein FDLR-Sprecher hatte im vergangenen Jahr gegenüber der taz bestätigt, dass Vertreter der für den Völkermord von 1994 verantwortlichen früheren ruandischen Armee zur FDLR gehören. Kajeguhakwa erklärt nun, dass die ihm bekannten FDLR-Mitglieder im Kongo jünger als 20 sind und daher wohl nicht am Völkermord teilnahmen. Das reicht aber nicht aus, um Verbindungen zwischen der ADRN und den Hutu-Milizen leugnen zu können.
Dennoch fühlen sich die Exilgruppen durch das Vorgehen von Ruandas Regierung gegen Bizimungu bestätigt. „Wie in allen Diktaturen wird die politische Verfolgung immer schärfer, je näher die Präsidentschaftswahlen von 2003 rücken“, erklärt die Arena. „Alle politischen Parteien sollten gleiche Rechte und gleichen Zugang zur Bevölkerung erhalten.“ FRANCOIS MISSER
DOMINIC JOHNSON
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