: Weltweit starkes Wachstum
Der Weltmarkt für Solarzellen überrascht sogar Optimisten: Eine Marktanalyse erfasste 52 Hersteller, die im vergangenen Jahr insgesamt 401,4 Megawatt produzierten. Japan blieb dominierend
Die Analysten des Schweizer Bankhauses Sarasin waren ein wenig zu vorsichtig. Die Terroranschläge vom 11. September und ihre Folgen sowie die anhaltende Rezession in Japan vor Augen, prophezeiten die Spezialisten für den Markt der erneuerbaren Energien im vergangenen Herbst eine Summe von 381 Megawatt Leistungskapazität aller weltweit hergestellten Solarzellen. Damit lagen sie 5 Prozent zu niedrig, was angesichts der nach wie vor enormen Wachstumsraten in der Photovoltaik immer noch recht präzise ist. Eine von dem englischsprachigen Solarstrom-Fachmagazin Photon International durchgeführte Marktanalyse zählt nach Auswertung der Angaben von 52 Herstellern in aller Welt eine Gesamtmenge von 401,4 Megawatt (MW). Das entspricht gegenüber dem Vorjahresstand von 287,3 MW einem Wachstum von 39,7 Prozent.
Kristallines Silizium stellte weiterhin den Löwenanteil aller Produkte: 340,3 MW oder 84,8 Prozent. Gegenüber 85,6 Prozent im Jahr 2000 ist dies jedoch ein leichter Verlust bei anderen Technologien, wobei polykristalline Zellen ihren Anteil weiterhin ausbauen konnten. Der lag 1999 noch bei 42,1 Prozent des Weltmarktes, schnellte im Jahr 2000 auf 48,2 Prozent in die Höhe und stieg im letzten Jahr weiter auf 50,2 Prozent (201,6 MW). All dies vollzog sich zu Lasten monokristalliner Zellen, die 1999 noch bei 40,8, ein Jahr später bei 37,4 und nun bei 34,6 Prozent (138,7 MW) liegen. Dieser Summe sind auch die HIT-Zellen von Sanyo zugeschlagen, bei denen monokristallines Silizium zwischen zwei Schichten amorphen Materials gebettet ist.
Bandziehverfahren, wie sie von RWE Solar (EFG-Zellen), Evergreen und Ebara eingesetzt werden, sowie die Siliziumfilm-Technologie von AstroPower gewinnen weiter – wenn auch langsam – an Bedeutung. Ihr Marktanteil stieg von 4,1 Prozent (1999) über 4,3 Prozent (2000) auf 5,6 Prozent (22,5 MW). Amorphes Silizium dagegen ist auf dem Rückzug, 8,9 Prozent (35,8 MW) aller Zellen sind aus diesem Material; ein Jahr zuvor waren es noch 10,6 Prozent. Die meisten Hersteller haben ihre Produktionsmengen lediglich gehalten, womit ihr relativer Anteil am wachsenden Markt logischerweise sank. Die ungarische Dunasolar war mit 2,5 MW der größte europäische Produzent, Weltmarktführer in diesem Segment ist die japanische Kaneka Corporation, die ihre Produktion als einer der wenigen Hersteller amorpher Zellen auch kräftig steigerte: von 5,1 MW im Jahr 2000 auf 10 MW in 2001. Auf den nächsten Plätzen folgen BP Solar (6,4 MW), Sanyo (4 MW) und Bekaert ECD (3,8 MW).
Die anderen beiden bislang produktionsreifen Dünnschicht-Techniken sind der Pilotphase noch nicht ganz entwachsen, doch immerhin haben einige der hier engagierten Hersteller erstmals Fertigungsmengen genannt: Kupfer-Indium-Diselenid (CIS) und Cadmium-Tellurid (CdTe) werden also durchaus eingesetzt. Insgesamt kamen CIS-Produzenten wie Siemens und Shell Solar (600 kW), Würth Solar in Marbach (95 kW) oder die US-Firma Global Solar (20 kW) über einen Weltmarktanteil von 0,2 Prozent nicht hinaus. CdTe-lag bei 0,5 Prozent. Relativ ist das gegenüber dem Vorjahr zwar nur eine Steigerung von 0,1 Prozent, absolut jedoch stieg die Produktion damit von einem auf 2,1 MW. Dies geht fast komplett auf das Konto der Antec Solar, die aus ihrer Fabrik im thüringischen Arnstadt ein Megawatt produzierter Zellen meldete. Auch das 10-MW-Werk von BP Solar in Fairfield, Kalifornien, lieferte die ersten 330 kW aus. Der CdTe-Pionier Matsushita Battery in Japan meldete sich dagegen aus dem Geschäft ab: Die japanischen Verbraucher, so die Begründung, würden die Verwendung des toxischen Cadmiums nicht akzeptieren.
Wie auch immer sich die Entwicklung und Markteinführung neuer Technologien entwickeln mag, eines darf mindestens für dieses Jahr, höchstwahrscheinlich auch für die kommenden Jahre, als gesetzt gelten: die Weltmarktführerschaft der Sharp Corporation. Mit einer Steigerungsrate von 50,4 auf 74 MW wuchs die Photovoltaikabteilung des japanischen Elektronikriesen zwischen 2000 und 2001 um 46,8 Prozent, also noch weit schneller als der ohnehin boomende Markt. Streng genommen produzierte Sharp sogar noch ein weiteres Megawatt, nämlich für Raumfahrtzwecke, doch die Photon-International-Analyse wertete nur Zellen für „terrestrische“ Anwendungen. An der Spitzenposition will man jedenfalls festhalten, Firmenpräsident Kasushika Machida wurde in der japanischen Presse mit der Ankündigung zitiert, er wolle die Fertigungskapazitäten bis Ende 2002 auf 200 MW steigern und den Anteil exportierter Solarmodule von 30 auf 50 Prozent.
Mit gehörigem Abstand zur Nummer eins liefern sich BP und Kyocera ein Kopf-an-Kopf-Rennen, das der Mineralöl-Multi im letzten Jahr mit insgesamt 54,4 MW und damit nur 400 kW Vorsprung knapp für sich entschied; 2000 war Kyocera noch um 15 kW besser als der Konkurrent. Die Nummer drei ist das seinerzeit unter dem Namen Siemens und Shell Solar firmierende Unternehmen. Inzwischen hat Shell die Siemens-Anteile übernommen.
Eigentlich noch interessanter als die Rückschau auf das vergangene Jahr ist die Betrachtung der Pläne, die für 2002 geschmiedet werden. Mit der ErSol Solar Energy AG aus Erfurt und der Q-Cells AG aus Thalheim schicken sich gleich zwei deutsche Unternehmen an, in die Liga der ersten 15 aufzusteigen. Beide wollen ihre Produktion auf rund 9 MW ausweiten. Wenn ihnen das gelingt, dürften sie weiter dazu beitragen, dass die amerikanische Solarindustrie an Bedeutung einbüßt. In den Vereinigten Staaten wurden im letzten Jahr 94,7 MW und damit 23,6 Prozent der Weltproduktion hergestellt; dies war erstmals weniger als in Europa, wo das deutsche Erneuerbare-Energien-Gesetz und der Beginn von Förderprogrammen für netzgekoppelte Anlagen in Spanien und Italien ihre Wirkung taten. Von 60,7 MW oder 21,1 Prozent Weltmarktanteil im Jahr 2000 stieg Europas Zellproduktion auf 98,7 MW, entsprechend 24,6 Prozent. An der gesamteuropäischen Produktion haben wiederum Spanien (36,9 MW) und Deutschland (32,4 MW) einen Anteil von etwa je einem Drittel.
Weltweit lässt sich die Produktion gut aufteilen: Die eine Hälfte stammt aus Asien, die andere vom Rest. 43 Prozent aller Solarzellen kommen aus Japan, 7 Prozent aus anderen asiatischen Ländern. Zu Europas 24,6 Prozent und den 23,6 der USA kommen noch 1,9 Prozent aus Australien. Nur ein Kontinent geht leer aus: Afrika ist trotz seines enormen Potenzials für Anwendungen auch in diesem Bereich der Energieerzeugung auf Importe angewiesen. JOCHEN SIEMER
Die englischsprachige ausführliche Analyse findet man in Photon International, Ausgabe 3/02, www.photon.com
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