lebenserwartung: Tut Berlin wirklich gut?
Dass das Leben in den Berliner Armutsbezirken von mehr Widrigkeiten geprägt ist als das in Dahlem oder Wilmersdorf, ist nicht neu. Auch, dass ein Mensch, der in Armut und in einem schlechten sozialen Umfeld lebt, eine statistisch kürzere Lebenserwartung hat, ist leider bekannt. Erschreckend in seiner Deutlichkeit ist allerdings das neue Zahlenwerk des Sozialsenats.
Kommentar von ADRIENNE WOLTERSDORF
Demnach sterben Menschen im Kreuzberg statistisch fast zwei Jahre früher als Bewohner der anderen Stadtbezirke. Das liegt laut der neuesten Erhebung an einer höheren Rate „vermeidbarer Todesursachen“. Sprich, wer von der Stütze lebt und sich deshalb den Frust jeden Abend mit Alk und einer Packung Selbstgedrehter aus dem Hirn bläst, ist selber schuld. Natürlich liegt hier die Verantwortung letztlichim „individuellen Gesundheitsverhalten“, keine Frage.
Doch bleibt bei der Lektüre des neuen Gesundheitsberichtes der Hautgout einer Stadtpolitik, die es nicht schafft, für einen Großteil der Bewohner ein lebenswertes Umfeld – als Angebot – zu schaffen. Insbesondere vor dem Hintergrund unseliger Sparversuche muss sich, wer in den Problemkiezen Projekte und Quartiersmanagement wegkürzen will, diesen Zusammenhang vor Augen führen. Dass unsere Regierung jahrelang die Subventionsmilliarden lieber durch trickreiche Fondsgeschäfte in die Portemonnaies der Habenden diffundieren ließ, ist ohnehin empörend. Dass der Geldmangel nun aber in Millimeterarbeit mit Einsparungen dort, wo es am nötigsten ist, ausgeglichen werden soll, ist absurd. Sparen in den Problemzonen ist im wahrsten Sinne des Wortes fatal.
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