: Anlage mit Venture-Capital
Die Freiburger Firma VentureInvest AG will innovative Technik profitabel fördern. Partnerschaft mit Fraunhofer Technologie-Entwicklungsgesellschaft. Kapitalerhöhung läuft bis November
Wenn es nach dem Willen der VentureInvest AG geht, können wir uns in aller Ruhe um die Gegenwart kümmern, und die Freiburger Firma kreiert derweil unsere Zukunft. „Looking at the present we create future“ lautet das Firmenmotto. Damit die Zukunft noch kraftvoller gestaltet werden kann, sammelt der kleine Wagniskapitalgeber erst einmal für sich selber frisches Kapital. 16 Millionen Euro soll die Emission in die Kassen spülen.
Grüne Banken und grüne Fonds haben sich schon einen eigenen Markt erkämpft. Woran es jedoch mangelt, ist risikobereites Kapital – so genanntes Venture-Capital – mit „grünem“ Anspruch. Dieses soll sich nicht allein an ökonomischen, sondern auch an ökologischen und sozialen Kriterien orientieren. „Nachhaltiges Venture-Capital führt hier noch ein Nischendasein“, so VentureInvest-Sprecher Josef Stumpf. Bestenfalls ein Prozent des wagemutigen Kapitals fließe in nachhaltige Investitionen.
Ein unhaltbarer Zustand, befanden Ende der Neunzigerjahre ein diplomierter Physiker, ein Ingenieur und ein Hersteller von Schwarzwälder Schinken. Im August 1999 gründeten sie gemeinsam die Wagniskapitalgesellschaft VentureInvest. Die Gründer und Naturwissenschaftler Jochen Mößlein und Hans-Jürgen Witt bilden heute den Vorstand, der promovierte (Schinken-)Fabrikant und Chemiker Hansjörg Adler sitzt im Aufsichtsrat. Über ihre Firma soll (Eigen-)Kapital für jungen Unternehmen bereitgestellt werden, die „nachhaltige Innovationen“ umsetzen wollen.
In sechs Fällen konnte bislang mit insgesamt etwa einer Million Euro geholfen werden. Anfang 2001 beteiligte man sich am Ludwigsburger Filmunternehmen Primavista. Die Werbefilmer verbreiten über das Kabelfernsehen in Baden-Württemberg regionale Reklame. „Primavista ermöglicht damit kleinen und mittelständischen Unternehmen den Zugang zur TV-Werbung“, freut sich Kapitalgeber VentureInvest. Beteiligt ist man auch an Living Source in Freiburg. Die Software-Entwickler programmieren für Industriekunden, die auf eine eigene IT-Abteilung verzichten.
Wem jetzt Zweifel am allein grünen Kick kommen, könnte sich durch zwei weitere Beteiligungen bestätigt fühlen. Freshmove in Mannheim hat – zweifelsohne fehlte zuvor solch ein Produkt der Menschheit nachhaltig – ein motorisiertes Kickboard entwickelt, einen Roller mit Motor. Einen ähnlich nachhaltigen Eindruck hinterlässt eine Investition in die so genannte Life Science: Die Firma Osmed produziert Formkörper, die in den menschlichen Körper transplantiert werden und jeden Silikonbusen vor Neid erschlaffen lassen.
VentureInvest-Chef Mößlein rechtfertigt diese Beteiligung mit der höheren Lebensqualität für betroffene Frauen. Nachhaltig ist ein Unternehmen, so Mößlein, wenn es im Vergleich zum Markt Energie oder Ressourcen spare oder sozial verträglicher sei. Ein chemischer Prozess, der 30 Prozent weniger Strom verbraucht, würde von VentureInvest gern gefördert. Ansonsten ist Mößlein „kein Apostel“, der nur 100 Prozent ethisch reine Projekte will. In zwei weiteren Beteiligungen sind grüne Tupfer schon leichter zu erkennen: ein Unternehmen für Biomasse-Heizwerke, ein anderes veredelt Hanfsamen für Lebensmittel.
Nachhaltigen Wert legt VentureInvest-Vorstand Mößlein auf die Partnerschaft mit einer Tochter der Fraunhofer-Gesellschaft, der Technologie-Entwicklungsgruppe (TEG) in Stuttgart. Mößlein spricht von einer „engen Kooperation“. Unter den Gründen, die für einen Kauf der VentureInvest-Aktie sprechen, steht die Kooperation mit Fraunhofer an erster Stelle. Die Wissenschaftler prüfen den technischen Stand und die Perspektiven im internationalen Wettbewerb. „Dadurch können wir zielgenauer investieren“, verspricht Mößlein.
Kein Problem für die wissenschaftliche Edelschmiede. Dieter Maier, Leiter der Fraunhofer TEG: „Als Entwicklungsspezialist stellen wir kleinen, mittleren und großen Unternehmen unsere technologische Kompetenzbandbreite branchenübergreifend zur Verfügung.“ Maier begreift die TEG als Dienstleister für die Wirtschaft. Der Schwerpunkt liegt jedoch im Maschinen- und Sondermaschinenbau, der bei den Beteiligungsunternehmen von VentureInvest nicht immer eine Hauptrolle spielt. Trotzdem hält die TEG die Zusammenarbeit mit dem Freiburger Wagniskapitalinvestor für gut, hauptsächlich erstelle man technische Gutachten. Zudem hält die öffentlich-rechtliche Institution eine Kapitalbeteiligung in ungenannter Höhe an VentureInvest, und TEG-Chef Maier sitzt im Freiburger Aufsichtsrat.
Ob solche Verknüpfungen einer öffentlich-rechtlichen Forschungseinrichtung mit einem privaten Unternehmen sonderlich schicklich sind, sei dahingestellt. Auf jeden Fall ist ein Technikurteil der Fraunhofer-Forscher noch keine Garantie für wirtschaftlichen Erfolg: Der Rollerproduzent Freshmove meldete Insolvenz an. Dabei sind die Ziele von VentureInvest kühn, die Eigenkapitalrendite soll „mindestens zwischen 25 und 35 Prozent pro Jahr“ betragen. 100 Euro sollen also jährlich mindestens 35 Euro Gewinn abwerfen, Gewinne, die letztlich in den Beteiligungsunternehmen erwirtschaftet werden müssen.
Solche Zielvorgaben erscheinen zurzeit gewagt, angesichts der konjunkturellen Lage und der Entwicklung an den Börsen überwiegen für potenzielle Anleger die Risiken. Ohnehin sind außerbörsliche Aktien immer etwas heikel, da es keinen geregelten Markt über eine Börse für sie gibt. VentureInvest ist also kein Spielzeug für Kleinanleger und Finanzlaien. Auf diese zielt Ven–ture–In–vest jedoch nur am Rande. Firmengründer Mößlein will vor allem Unternehmerfamilien und Stiftungen als Anleger gewinnen. HERMANNUS PFEIFFER
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