: Bald Einheitsregeln für EU-Anleger
Finanzminster wollen sich zwar nicht reinreden lassen, verständigen sich aber immerhin auf besseren Anlegerschutz innerhalb der EU. Insiderhandel soll besser verfolgt, Finanzkonglomerate besser kontrolliert werden. Eichel wie immer optimistisch
aus Brüssel DANIELA WEINGÄRTNER
Die Eurozone und Deutschland befinden sich nach Überzeugung von Bundesfinanzminister Hans Eichel am Beginn eines neuen Aufschwungs. Am Rande der Tagung der EU-Finanzminister versuchte er gestern in Brüssel, wahlkampftaktischen Konjunkturoptimismus zu verbreiten. Die Bundesregierung bleibe allerdings bei ihrer Prognose für dieses Jahr. Danach soll die deutsche Wirtschaft um 0,75 Prozent wachsen. Im Jahresverlauf werde sich das Wachstum aber beschleunigen, sagte Eichel.
Ärger hatte es am Abend zuvor in der Eurozwölf-Gruppe mit Währungskommissar Pedro Solbes gegeben. In diesem Gremium sitzen die Finanzminister der Eurozone. In einem Brief hatte Solbes Vorschläge unterbreitet, wie die Mitgliedsländer der Währungsunion ihre Wirtschafts- und Finanzpolitik besser aufeinander abstimmen können. Sie seien in der Eurogruppe überwiegend auf Ablehnung gestoßen, sagte Eichel. Man brauche keine neuen Regeln für die Abstimmung. Die Finanzminister haben aber ihre Experten damit beauftragt, ein eigenes Konzept für eine koordinierte Wirtschaftspolitik zu entwerfen.
Auf dem Weg zu einem einheitlichen europäischen Kapitalmarkt sind die Finanzminister gestern ein Stück vorangekommen. Dieses Ziel soll spätestens 2005 erreicht werden. Dann sollen Anleger in allen EU-Ländern die gleichen Ausgangsbedingungen haben. Für portugiesische Aktien sollen die gleichen Spielregeln gelten wie zum Beispiel für deutsche Bundesanleihen.
Die Richtlinie gegen den Marktmissbrauch und die Richtlinie über Finanzkonglomerate sollen dazu einen Beitrag leisten. So genannte Insider sollen ihren Informationsvorsprung nicht nutzen dürfen, um die Kleinanleger zu übervorteilen. Das ist zwar auch heute schon in allen EU-Ländern verboten. Mit der Richtlinie gegen den Marktmissbrauch sollen aber die bestehenden Widersprüche und Ungereimtheiten beseitigt und der Katalog missbräuchlicher Marktstrategien erweitert werden. Außerdem will die Kommission mit ihrem Vorschlag Lücken schließen, die durch die rasante Entwicklung der letzten Jahre entstanden sind, und die Zusammenarbeit zwischen den Aufsichtsbehörden verbessern.
Die Richtlinie über den Marktmissbrauch ist ein Rechtsrahmen, den die Kommission künftig aktualisieren kann, ohne das Parlament erneut konsultieren zu müssen. Das Parlament hat nur wenige Änderungen an der Vorlage der Kommission beschlossen. So dürfen Journalisten nur dann als Insider verfolgt werden, wenn sie falsche Informationen verbreiten und gleichzeitig selber davon profitieren.
Die zweite Richtlinie, die den Ministerrat passierte, betrifft die Aufsicht über Finanzkonglomerate. Solche Unternehmen, die weder Banken noch Versicherungen sind, bestimmen immer stärker das Geschäft mit dem Geld. Sie fallen aber weder unter die Aufsicht für Banken noch für Versicherungen. Mit der Richtlinie soll sichergestellt werden, dass die Finanzkonglomerate über eine ausreichende Kapitaldecke verfügen und die Aufsicht in allen EU-Ländern nach den gleichen Grundsätzen durchgeführt wird.
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