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Juhu, jetzt sind wir endlich pleite

Vier Wochen nach der Bankrotterklärung von KirchMedia hat nun auch KirchPayTV Insolvenz beantragt. Premiere soll jedoch weiterleben. Senderchef Georg Kofler versprüht Optimismus – und will bis Ende dieses Jahres 1.000 Mitarbeiter entlassen

von ALEXANDER KÜHN

Als er am 8. April die Pleite von KirchMedia bekannt gab, verkündete der Sanierungsbeauftragte Wolfgang van Betteray: „In diesen Minuten wird auch ein Insolvenzantrag für KirchPayTV gestellt.“ Was eine Sprecherin der Bezahl-TV-Abteilung nur wenig später heftig dementierte.

Genau einen Monat später, am 8. Mai, hat KirchPayTV nun tatsächlich Insolvenz beantragt. Von den drei großen Säulen der einstmals so mächtigen KirchGruppe sind somit nur noch die Kirch-Beteiligungen solvent.

Für den defizitären Abokanal Premiere soll die Pleite seiner Muttergesellschaft jedoch nicht das Aus bedeuten. Im Gegenteil – die Meldungen überschlugen sich am Mittwoch vor Optimismus. „KirchPayTV ist tot – es lebe Premiere“, titelte AP.

Via dpa verkündete Georg Kofler, seit Januar Chef sowohl von Kirchs PayTV als auch von Premiere: „Jetzt geht es erst richtig los.“ Stimmt: Bis Ende Juni werden 600 der 2.400 Arbeitsplätze gestrichen, bis Jahresende weitere 400. Die jährlichen Kosten des Bezahlkanals sollen um eine halbe Milliarde Euro gesenkt werden. Schließlich war Premiere Leo Kirchs teuerstes Projekt: Allein im vergangenen Jahr machte der Sender 989 Millionen Euro Miese. Den Zerfall des undurchsichtigen Münchener Medienimperiums hat Premiere damit maßgeblich mitzuverantworten.

Vier Wochen lang hatte Kofler die Insolvenz hinausgezögert. Offenbar hatte er befürchtet, dass die Insolvenz-Geschäftsführer von KirchMedia, Wolfgang van Betteray und Hans-Joachim Ziems, bei einer zeitgleichen Insolvenz auch das PayTV-Ruder an sich gerissen hätten. So jedoch ist Kofler im Sattel geblieben und versprüht allerorten Zuversicht. Die Insolvenz der KirchPayTV, so erklärte er, biete „die einmalige Chance, den Ballast der Vergangenheit abzuwerfen und Premiere auf gesunde Beine zu stellen“.

Sicherlich: Die Nabelschnur zur Muttergesellschaft ist nun abgetrennt. Premiere könnte nun direkt mit den Hollywoodstudios verhandeln – anstatt wie bisher die KirchPayTV beim Rechteinhaber KirchMedia die Filme einkaufen zu lassen. Das würde die Sache auf den ersten Blick billiger machen. Doch offenbar hat KirchPayTV für die Kinopakete schon lange kein Geld mehr an KirchMedia fließen lassen. Beim direkten Einkauf müsste Premiere dagegen seine Rechnungen begleichen.

Offen ist, wer künftig der Herr im Haus ist. Hauptgesellschafter ist bislang mit rund 70 Prozent Leo Kirchs Taurus Holding, 8 Prozent halten Finanzinvestoren und 22 Prozent Rupert Murdoch, der nach wie vor als Investor im Gespräch ist – ebenso wie Bertelsmann und die Telekom.

Unterdessen versucht Premiere, mit Erotik und Einsteigerpaketen attraktiver zu werden. Bei der Gründung des Senders wurde mit 4 Millionen Abonnenten spekuliert. Nach dem aktuellen Abo-Index sind es rund 2,4 Millionen. Es fehlen: 1,6 Millionen.

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