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99,8 % Freispruch

Kritischer Polizist Wüppesahl zu Geldstrafe verurteilt

Wenn es die juristische Möglichkeit geben würde, hätte er auf „Freispruch mangels Beweisen sowie Entfernung aus dem Polizeidienst“ plädiert. Doch so musste Staatsanwalt Udo Bochnik den Umweg über eine komplizierte konstruierte Anklage nehmen, um auf eine Forderung von einem Jahr Freiheitsstrafe zu kommen, woraus sich dann die Dienstentfernung ergeben hätte. Dieser Versuch ist gestern in erster Instanz gescheitert. Das Amtsgericht sprach den Kritischen Polizisten Thomas Wüppesahl in nahezu allen Anklagepunkten frei. Nur eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen wegen einer Nötigung der unteren Schwelle blieb nach vier Prozesstagen übrig. „Ein Freispruch zu 99,8 Prozent“, kommentiert Verteidiger Gerhard Strate.

Dabei hatte der Staatsanwalt schwere Geschütze gegen den unbequemen Polizisten aufgefahren: Körperverletzung im Amt, Verfolgung Unschuldiger, Schwerer Eingriff in den Straßenverkehr, Nötigung. Anlass waren zwei banale Verkehrsereignisse und ein daraus resultierender Streit, der ihm den Vorwurf der Körperverletzung einbrachte.

Fast ausnahmelos attestierte Hübner dem Kripomann korrektes Verhalten oder zumindest kein unerlaubtes Vorgehen. Und einen bewertenden Nebensatz in seiner Strafanzeige als „Verfolgung Unschuldiger“ aufzubauschen, ist für Hübner „juristische Filigranarbeit der Staatsanwaltschaft und Polizei“.

Zuvor hatten Strate und Mitverteidiger Peter Wulff das Plädoyer des Anklägers als „unglaublich“ bewertet. „Ich hab‘ seit 25 Jahren kein derart politisch ereiferndes Plädoyer mehr gehört“, sagte Strate. Auch Wüppesahl sprach von einem „politischen Prozess“, mit dem Ziel, ihn als „Ansprechpartner für Journalisten und Politiker zu diskreditieren“.

Bochnik hatte in seinem Plädoyer ausgeführt, für ihn sei es „unerträglich“, wenn Wüppesahl „mit seiner miesen verwerflichen Gesinnung“ und seiner „kriminellen Energie“ weiter „mit einer Dienstmarke durch diese Stadt spaziert“. KVA

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