: Studenten wollen Fonds auflegen
Geschlossene Immobilienfonds haben einen schlechten Ruf – trotzdem will die AG Schlachtensee einen solchen auflegen, um Eigenkapital für die Modernisierung des Studentendorfes zu beschaffen – vorausgesetzt sie wird der neue Eigentümer
von JAN ROSENKRANZ
Die einen haben sie reich gemacht, andere bitterarm. Eine ganze Stadt haben sie an den Rand des Ruins getrieben. Man könnte sagen, geschlossene Immobilienfonds haben nicht den besten Leumund. Dennoch plant die Arbeitsgemeinschaft (AG) Schlachtensee die Modernisierung des gleichnamigen Studentendorfes im Süden Berlins teilweise über einen geschlossenen Immobilienfonds zu finanzieren – vorausgesetzt, am Ende der morgen beginnenden Verhandlungen zwischen dem Liegenschaftsfonds Berlin und der Bietergemeinschaft kommt ein Kaufvertrag zu Stande.
„Wir haben eine gute Story, kombiniert mit einer interessanten Anlage“, sagt Christian Schöningh, Gesellschafter der Studentendorf GmbH. Er favorisiert, einen Teil der Modernisierungskosten auf dem so genannten Grünen Kapitalmarkt zu beschaffen. „Immer nur in Windräder zu investieren, ist doch langweilig“, vermutet Schöningh. Deshalb ist er sich auch sicher, dass sich ausreichend Anleger finden, die etwa 5 Millionen Euro Eigenkapital aufbringen können.
Während die AG den Kauf selbst und die ersten baulichen Maßnahmen bereits durch Kreditzusagen der Bayerischen Landesbank absichern konnte, ist die eigentliche Sanierung des Studentendorfes finanziell noch ungewiss. Fest steht, dass sich die vorab ermittelten 11 Millionen Euro Baukosten nicht vollständig durch weitere Kredite finanzieren lassen. Deshalb wollen die Studenten, Architekten und Denkmalschützer, die aus der AG bereits eine GmbH geformt haben, zusätzlich eine Kommanditgesellschaft gründen und beides zu einer äußerst klangvollen GmbH & Co. KG zusammenführen. Durch den Kauf von Anteilen würden Anleger zu Kommanditisten werden und somit zu Miteigentümern der Immobilie.
Die Höhe der einzelnen Anteile sei zwar noch nicht festgelegt – „aber mit 100 Euro kann man da sicher nicht mitmachen“, so Schöningh, der als Chef der Projektentwicklungsfirma Bask.et bereits ein ähnliches Finanzierungsmodell für ein Wohnhaus in Berlin-Mitte erfolgreich begleitet hat.
Jörg Sahr, Redakteur der Zeitschrift Finanztest, warnt dennoch vor geschlossenen Immobilienfonds: „Grundsätzlich gilt: Das ist nichts für Kleinanleger.“ Der Immobilienexperte rät, Anteile an geschlossenen Fonds allenfalls als ergänzende Kapitalanlage zu erwerben. Sie eigneten sich sonst nur für einigermaßen vermögende Anleger, die auf anderem Wege bereits ihr Geld in Sicherheit gebracht hätten.
„Unser Fonds ist seriös – im Gegensatz zu den Fonds der Berliner Bankgesellschaft“, versichert Christian Schöningh. Auch wenn das Projekt Studentendorf grundsätzlich dazu ausgelegt sei, Überschüsse zu erwirtschaften – bis dahin könnte es eine ganze Weile dauern. Aber angesichts des großen Unterstützerkreises, hofft man auf viele „Goodwill-Entscheidungen“.
Doch auch die „Überzeugungstäter“ wollen vielleicht irgendwann einmal Geld sehen. „Der Knackpunkt für den Erfolg eines Immobilienfonds ist der Vermietungsstand“, sagt Finanztest-Redakteur Sahr. Aus diesem Grund werben Fondsgesellschaften in bunten Prospekten mit glänzenden Aussichten und potentesten Mietern. Aus diesem Gund verlangt die Studentendorf GmbH, das Dorf erst dann vom Land zu übernehmen, wenn es wieder zu 50 Prozent vermietet ist – so lautet eine Forderung der Arbeitsgemeinschaft vor den Verhandlungen mit dem Liegenschaftsfonds.
Ab 60 Prozent Vermietungsstand könnte das Dorf seine laufenden Kosten decken, haben die Schlachtenseer per Gutachten ermittelt. Viel mehr soll auch nicht vermietet werden, da in den restlichen freien 40 Prozent jeweils zeitgleich modernisiert werden soll. Dieses parallele Vorgehen sei unbedingt notwendig, um nach drei Jahren Sanierung nicht als Standort vom Markt verschwunden zu sein – schließlich würden sich die Unis bereits früher andernorts mit Wohnheimplätzen versorgen.
Bereits jetzt gebe es erste Zusagen der Freien Universität, ihre ausländischen Stipendiaten im Studentendorf unterzubringen. Aber der Bedarf an bezahlbaren Wohnheimplätzen ist ohnehin nicht zu unterschätzen. Das Studentenwerk hatte bereits im vergangenen Jahr für alle Berliner Wohnheime einen Vermietungsstopp für normalsterbliche Studenten verhängt. Die vorhandenen Plätze mussten für Stipendiaten reserviert werden, zu deren Unterbringung die Universitäten verpflichtet sind.
Das klingt alles so schön, dass man geneigt sein könnte, zu vergessen, dass das Studentenwerk in den vergangenen Jahrzehnten das Studentendorf Schlachtensee alles andere als konstendeckend bewirtschaften konnte. Zwar ist von Misswirtschaft die Rede gewesen, aber ob es der Studentendorf GmbH & Co. KG gelingen wird, erfolgreichere Bilanzen vorzulegen, muss sie auch erst noch beweisen.
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