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Nötigung muss „verwerflich“ sein

Im Prozess gegen die „Betonblockierer“ des Castor-Transports erleidet die Staatsanwaltschaft Teilniederlage. Beweisaufnahme abgeschlossen

LÜNEBURG taz ■ Im Prozess gegen die „Betonblockierer von Süschendorf“ des Castor-Transports im März 2001 wird eine Verurteilung wegen Nötigung immer unwahrscheinlicher. Der Vorsitzende Richter am Amtsgericht Lüneburg, Franz Kompisch, wies gestern zwei entsprechende Beweisanträge der Staatsanwaltschaft zurück, durch die die Massivität der Ankettung bei der Urteilsfindung Berücksichtigung finden sollte.

Die vier Blockierer hatten sich mit je einem Arm in einem Betonblock unter dem Gleis angekettet und dadurch den Zug für 16 Stunden aufgehalten. Damit seien sie über „psychischen Zwang“ hinausgegangen, argumentierte die Staatsanwaltschaft und bezog sich dabei auf das Sitzblockadenurteil des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) vom Oktober 2001, das Blockaden mit Ankettung als „Gewalt“ definiert hatte. Das erfüllt aber nicht automatisch auch den Tatbestand der Nötigung – dafür, so das BVerfG, muss in jedem Fall die „Verwerflichkeit“ der Tat geprüft werden.

Eben diese Verwerflichkeitsprüfung lehnte Kompisch gestern für die Castor-Blockierer ab. Ihnen droht aber immer noch eine Verurteilung wegen „Störung öffentlicher Betriebe“.

Die Beweisaufnahme wurde gestern abgeschlossen. Das Urteil wird voraussichtlich am 22. Mai gefällt. hedi

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