: Fußballfelder, halb so groß wie Berlin
Beirat zur „Umweltökologischen Gesamtrechnung“ legte Berechnungssystem zu Öko-Folgen der Volkswirtschaft vor
BERLIN taz ■ Der Umwelt in Deutschland geht es immer besser, Natur verschwindet dagegen immer schneller. Das ist die Quintessenz des gestern in Berlin vorgestellten Berichts zur „Umweltökologischen Gesamtrechnung“. Das statistische Bundesamt ermittelte darin, dass das Bruttoinlandsprodukt zwischen 1991 und 2000 inflationsbereinigt um 15 Prozent gestiegen ist. Im gleichen Zeitraum sank aber der Verbrauch der Umweltressourcen Energie und Rohstoffe um je 2 Prozent, der Wasserverbrauch gar um 11 Prozent. Auch der Ausstoß an Kohlendioxid, Schwefel- und Stickoxiden wurde deutlich reduziert, was allerdings größtenteils mit dem wirtschaftlichen Kollaps der DDR zusammenhängt.
Die schlechte Nachricht: Die Naturvernichtung stieg dagegen an – um rund 8 Prozent. Gegenwärtig werden täglich rund 129 Hektar zubetoniert – was 258 Fußballfeldern entspricht. Macht über 94.000 Fußballfelder im Jahr – halb Berlin als Sportanlage. Alarmierend ist vor allem die Geschwindigkeit, mit der der Flächenverbrauch steigt: In ihrem dritten Bericht zur Umweltökologischen Gesamtrechnung im Oktober 2001 hatten die Experten noch täglich 125 Hektar ermittelt. Das Problem erkennend, erklärte Bundesumweltminister Jürgen Trittin gestern: „Der Trend muss umgekehrt werden. Deshalb haben wir uns in der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie das Ziel gesetzt, den Flächenverbrauch bis 2020 auf 30 Hektar pro Tag zu begrenzen.“
Nachrechnen jedenfalls lässt sich jetzt der Erfolg ministerieller Bemühungen: 1990 hatte der damalige Umweltminister Klaus Töpfer den Beirat „Umweltökologische Gesamtrechnung“ berufen, der Berechnungsmethoden für umweltpolitische Folgen des Wirtschaftens finden sollte. Der gestern vorgestellte vierte Bericht ist gleichzeitig der letzte der Kommission: Wirtschaftsprofessoren, Statistiker, Experten des Wuppertal Institutes oder des Rheinisch-Westfälischen Institutes für Wirtschaftsforschung lieferten das Rechensystem beim Umweltminister ab. Trittin: „Wenn jemand sagt: ‚Klimaschutz kostet uns zu viel‘, kann man jetzt rechnerisch nachweisen: Er bringt aber auch Beschäftigung und Bruttosozialprodukt.“ Beiratsvorsitzender Bernd Meyer von der Uni Osnabrück empfahl deshalb eine neue Kommission: „Das Datensystem ist kein Zahlenfriedhof. Es kommt jetzt darauf an, es auch zu nutzen.“ NICK REIMER
Ergebnisse: www.destatis.de/themen/d/thm_umwelt.htm
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