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Massenflucht in Liberia

Hunderttausende fliehen nach Rebellenoffensive in dem westafrikanischen Land. Die taz enthüllt, wer hinter der Guerilla steckt, die den international geächteten Präsidenten Taylor stürzen will

BERLIN taz ■ In Westafrika bahnt sich eine neue humanitäre Katastrophe an. Hunderttausende von Menschen sind in Liberia auf der Flucht, nachdem Rebellen in einer Blitzoffensive bis an den Rand der Hauptstadt Monrovia herangerückt sind.

„Über 100.000 Menschen, Stadtbewohner und Kriegsvertriebene, vor allem Kinder und Alte, rennen um ihr Leben“, berichtete gestern die US-Hilfsorganisation World Vision, nachdem die Rebellenbewegung LURD (Vereinigte Liberianer für die Wiederherstellung der Demokratie) die strategisch wichtige Stadt Gbarnga 180 Kilometer nordöstlich der Hauptstadt Monrovia eingenommen hatte. Die meisten von ihnen seien in Richtung der Hauptstadt unterwegs und seien ohne jede Versorgung.

Bereits in Monrovia eingetroffen sind Flüchtlinge von einer anderen Kriegsfront im Nordwesten der Hauptstadt. Dort sind die Rebellen bis auf 25 Kilometer vor der Stadt vorgerückt. Am Montag war in Monrovia eine Massenpanik ausgebrochen, nachdem das schwere Artilleriefeuer der Kämpfe bis ins Stadtzentrum hinein zu hören war. „Es geht wieder los“, und „Monrovia brennt“, riefen panische Stadtbewohner, die ihre Kinder aus Schulen holten und auf verstopften Straßen versuchten, die Stadt zu verlassen. Ein Koordinationstreffen zwischen Hilfswerken in Monrovia über die Versorgung der Kriegsvertriebenen wurde abgesagt.

Gestern sagte LURD-Sprecher Charles Bennie der taz, die Rebellen seien über Po River hinaus vorgedrungen, die letzte wichtige Verteidigungsstellung der Regierungstruppen vor Monrovia. Liberias Präsident Taylor rief zu „hartem Widerstand“ auf. Bennie sagte, die Priorität der Rebellen sei, „Verluste an Menschenleben zu minimieren“.

Die Blitzoffensive der LURD lenkt internationale Aufmerksamkeit auf eine der mysteriösesten Rebellenorganisationen der Welt. Die taz enthüllt heute, dass die LURD von einem Zweiergespann geführt wird, das eine länderübergreifende Allianz verkörpert. LURD-Führer Sekou Conneh ist Adoptiv-Schwiegersohn des Präsidenten von Guinea, dessen Militär die wichtigste Stütze der liberianischen Rebellen ist. Nummer zwei der Organisation ist Chayee Z. Doe, jüngerer Bruder des 1990 ermordeten liberianischen Präsidenten Samuel Doe. Die Allianz zwischen den Familien Conté und Doe ist die treibende Kraft hinter der Rebellion, die den international ungeliebten Taylor von der Macht verjagen soll. D. J.

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