: Schreibers Liste
Nach langem Zieren hat der Waffenlobbyist dem Ausschuss Stoff gegeben. CSU-Chef Stoiber und Max Strauß sollen am 4. Juni aussagen
BERLIN dpa/ap ■ Der Waffenlobbyist Karlheinz Schreiber hat dem Spendenausschuss des Bundestags in Toronto Kontoaufstellungen vorgelegt, mit denen er seine angeblichen Millionenspenden an die CSU belegen will. Auf den Listen hat Schreiber hinter mehrere Auszahlungen ein „D“ oder ein „CSU/Dan“ nachträglich vermerkt. Die Buchstaben sollen offenbar für Franz Dannecker stehen, einen verstorbenen Spendensammler der CSU. Die Kontoaufstellungen sind auch in den Ermittlungsakten der Augsburger Staatsanwaltschaft enthalten.
Die Listen gelten den Konten „PO-18.672“ und „PO-46.341.“ der „SBV Zürich“. Die Auszahlungen datieren vom 24. September 1991 bis 28. April 1992. Beim ersten Konto belaufen sich die Auszahlungen, die Schreiber mit „D“ gekennzeichnet hat, auf 1,4 Millionen Mark. Beim zweiten Konto ergibt sich eine Summe von 900.000. Das letztere Konto hatten die Augsburger Ermittler bisher als Zahlungen zu Gunsten des flüchtigen Staatssekretärs Holger Pfahls gewertet.
Schreiber soll nach Angaben der Abgeordneten in Toronto gesagt haben, dass er die Beträge jeweils an einen Mann namens Pagani übergeben habe, der diese Gelder auf Nummernkonten der CSU eingezahlt habe – abgestimmt mit Dannecker. Zweimal will er auch Dannecker Geld direkt übergeben haben. Einen Beleg für die Einzahlungen präsentierte Schreiber nicht. Er verwies darauf, dass es in seinem Geschäft keine Quittungen gebe. Der Spendenuntersuchungsausschuss hat gestern gegen die Stimmen von Union und FDP beschlossen, dass Unions-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber (CSU) am 4. Juni vor dem Gremium als Zeuge erscheinen muss. An diesem Tag soll auch der Sohn des früheren bayerischen Regierungschefs Franz Josef Strauß, Max Strauß, zur Spendenpraxis der CSU aussagen.
Stoiber nannte seine Vorladung in Bild einen Ausdruck der Verzweiflung der Sozialdemokraten angesichts von Umfragetiefs. Die SPD wolle nun mit einem per Haftbefehl gesuchten Justizflüchtling punkten. Die Aussagen, die Schreiber in Kanada gemacht hatte, nannte Stoiber unsinnig und widersprüchlich.
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