: „Die Zeit ist sehr knapp“
Die Expertenkommission zur Unimedizin wird ihre Empfehlungen möglicherweise nicht innerhalb der vorgegebenen Frist abgeben können, meint der Vorsitzende Winfried Benz
taz: Herr Benz, haben Sie schon einen Weg gefunden, um das Uniklinikum Benjamin Franklin (UKBF) zu retten?
Winfried Benz: Das weiß ich noch nicht. Aber wir hatten gerade zwei sehr intensive Tage mit der Kommission, in denen wir uns die Charité und Steglitz angesehen haben. Wir haben mit den Präsidenten der beiden Universitäten gesprochen, mit den Klinikumsvorständen, den Personalvertretungen und den Studierenden.
Was ist das Ergebnis?
Dazu möchte ich mich noch nicht äußern. Bemerkenswert aber war, dass die Studierenden der Freien Universität sehr viel engagierter sind als die der Charité. Bei denen ist offensichtlich nicht das Bewusstsein da, dass es gravierende Veränderungen geben könnte.
Als die Kommission vor zwei Monaten ihre Arbeit begann, waren Sie optimistisch, eine Alternative zur Schließung des UKBF zu finden. Haben Sie Ihre Meinung schon geändert?
Nein, ich habe meine Position nicht geändert. Ich habe von Anfang an gesagt, dass wir möglicherweise zu dem Schluss kommen, dass bei diesen massiven finanziellen Einsparungsauflagen nur eine medizinische Fakultät vernünftig finanziert werden kann und eine geschlossen werden muss. Aber wir suchen nach anderen Wegen und das Spektrum ist noch immer sehr breit. Die Anhörungen sind noch nicht abgeschlossen. So müssen wir unter anderem noch mit den Vertretern der Krankenkassen reden, mit möglichen Investoren, mit der Bundeswehr, die offenbar mit ihrem Krankenhaus auf den Campus Mitte der Charité ziehen will, und auch mit Vertretern des Landes Brandenburg. Danach aber werden wir uns sehr zügig auf mögliche Lösungen konzentrieren.
Viel Zeit bleibt Ihnen nicht mehr; in sechs Wochen soll Ihre Kommission dem Senat Empfehlungen vorlegen.
Wir bemühen uns natürlich, diesen Termin einzuhalten. Aber die Zeit ist sehr knapp. Wenn es darauf hinausläuft, ein Papier mit heißer Nadel zu stricken, weil wir unter dem Zeitdruck es nicht schaffen, alle wichtigen Aspekte sorgfältig zu bedenken und aufs Papier zu bringen, werden wir mit dem Senat sprechen, dass es etwas länger dauert.
Einsparmöglichkeiten liegen im Abbau von Doppelangeboten und der verbesserten Kooperation zwischen den Kliniken. Sind so 98 Millionen Euro zu erbringen?
Das ist ganz gewiss ein wichtiges Thema, aber man darf sich die Dinge auch nicht zu einfach machen. Kernfächer müssen an allen Standorten repräsentiert sein. Bei der Kardiologie zum Beispiel geht es nicht, dass es sie an einem Ort gibt und an den anderen nicht. Bei anderen Fächern – da sage ich Ihnen aber kein Beispiel – reicht es, wenn sie an einem Standort vorhanden sind.
Sie führen auch Gespräche mit möglichen Investoren, den großen privaten Klinikbetreibern. Sind Privatisierung oder Teilprivatisierung der Unikliniken eine mögliche Lösung?
Natürlich sind diese Dinge auch bedeutsam. Wir haben auch bereits mit den Bediensteten des Klinikums Buch …
… das inzwischen vom Fuldaer Klinikkonzern Helios betrieben wird …
… gesprochen, wie sie den Träger- und Betreiberwechsel sehen. Und wir sehen uns natürlich auch die Erfahrungen an, die an anderen Stellen in Deutschland mit solchen Wechseln bisher gemacht worden sind.
Und was halten Sie davon?
Auch da kann ich nur sagen: So weit sind wir noch nicht. Wir sind eben noch mittendrin.
INTERVIEW: SABINE AM ORDE
Der Jurist und ehemalige Generalsekretär des Wissenschaftsrats, Winfried Benz, leitet die fünfköpfige Expertenkommission zur Hochschulmedizin.
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