: „Bush mobilisiert“
Der wahre Globalisierungsgegner ist George W. Bush, meint Attac-Sprecher Felix Kolb. Der Protest gegen Bush bringt Zulauf, aber auch neue Probleme
Interview LUKAS WALLRAFF
taz: Auf den Attac-Plakaten steht: „Achtung! Bush kommt!“ Denken Sie nicht in Wirklichkeit „Juhu! Bush kommt!“?
Felix Kolb: Natürlich mobilisiert Bush wie kein anderer. Aber dass wir uns über seinen Besuch freuen, wäre zu viel gesagt. Wir wollen deutlich machen, dass Bush zu den gefährlichsten Männern auf dieser Welt gehört.
Mit welchen Argumenten? Warum man gegen Bush demonstrieren soll, geht aus dem Plakat mit keinem Wort hervor.
Nun ja, das war sicher nicht genial. Aber unsere inhaltliche Kritik werden wir nächste Woche sehr klar vorbringen. Wir werden zeigen, dass George W. Bush der wahre Globalisierungsgegner ist.
Das müssen Sie erklären.
Aber gerne. Bei Klimaschutz, Strafgerichtshof, Kinderrechten, Friedenspolitik, Reformen von WTO und Währungsfonds: in all diesen Bereichen ist Bush ein ganz entschiedener Gegner jeder Form einer politischen Globalisierung, die seine Macht und Handlungsfreiheit einschränkt.
Zu den Demos kommen auch Leute mit anderen Motiven. Wie wollen Sie sich von rechten, islamistischen und gewalttätigen Bush-Gegnern abgrenzen?
Es kann nicht Aufgabe von Attac sein, das Demonstrationsrecht anderer zu beschränken. Wir werden diesen Gruppen aber keine Plattform bieten. Ein Problem ist, dass SPD und PDS unter Druck stehen, zu beweisen, dass die Polizei unter Rot-Rot genauso hart zuschlagen kann, in diesem Fall merkwürdigerweise vielleicht gegen die eigenen Leute.
Herr Kolb, ist die neue Prominenz nicht auch ein Problem für Attac, weil Sie für jeden Protest zuständig erklärt werden?
Ja. Es gibt noch keine einheitliche Meinung, wie wir damit umgehen sollen. Meiner Ansicht nach sollten wir uns weiter auf die Globalisierungskritik konzentrieren. Attac darf kein linker Gemischtwarenladen werden.
Ein Berliner Attac-Sprecher sagte diese Woche, Attac stehe „links von Rot-Grün und links von der PDS“. Ist das Konsens?
Nein. Ich denke, dass wir uns in so einem groben parteipolitischen Schema überhaupt nicht positionieren sollten. Wir sind keine Partei, wir vertreten keine einheitliche umfassende Weltanschauung. Unser breites Bündnis eint nur die Zustimmung zu unseren Kernforderungen.
Der Erfolg von Attac zieht aber immer mehr Leute aus dezidiert linken Gruppen an …
… das gehört zum offenen, pluralen Charakter von Attac. Ich will diesen Gruppen keine böse Absicht unterstellen. Aber ich sehe das Problem, dass ihr Auftreten den Effekt haben kann, dass die Leute, die wir genauso ansprechen wollen, abgeschreckt und vertrieben werden.
Wirklich? Inzwischen fordert doch sogar der Kanzler eine gerechtere Globalisierung.
Das ist der Versuch der Neutralisierung. Indem sie rhetorisch unsere Forderungen aufnimmt, versucht die SPD den Eindruck zu vermitteln, man müsse nicht mehr bei Attac mitmachen. Unsere Aufgabe ist es, auf die Kluft hinzuweisen zwischen den Sonntagsreden und dem, was SPD und Grüne wirklich tun.
Gibt es vor der Wahl ein Plakat „Achtung, Schröder!“?
Nein, wir halten uns aus dem Parteienwahlkampf heraus. Wir vertrauen darauf, dass die Leute, die Attac kennen, selbst in der Lage sind, zu entscheiden, ob und wen sie wählen wollen.
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