piwik no script img

Essen gehen mit Wegweiser

Die brandenburgische Küche ist besser als ihr Ruf, vorausgesetzt man kennt die richtigen Restaurantadressen

Es war an einem lauen Frühlingstag, die Sonne schien, und der Hunger piesackte nach einer ausgiebigen Fahrradtour. Also rein in den Landgasthof und wieder mal gestaunt. Über die schlecht gelaunte Bedienung, die miesen Bratkartoffeln aus der Tiefkühltruhe und das zähe Kotelett unter wabbeligem Spiegelei. Da half auch kein Storch auf dem Dach, um die recht üppige Rechnung zu verdauen. Aufs Geratewohl waren wir hereingefallen auf Stümpers Küche, und das passiert einem in Brandenburg auch heute noch oft, wenn man eine x-beliebige Gaststätte aufsucht. Reiseführer, die zu den zuverlässigen Küchen der Provinz führen, sind daher wichtiger als anderswo. Mittlerweile gibt es davon mehr als einen, und – ganz aktuell – den Gastroführer „Gut essen rund um Berlin“ aus dem Nicolai Verlag.

Nur 33 Lokale hat der Autor Helmut Gote für seine Beschreibungen ausgewählt. Diese sind dafür aber sehr ausführlich und gehen gleich über mehrere Buchseiten. Zum Zuge kommen nicht nur teure Edellokale, sondern auch Gasthöfe, die im Preis-Leistungs-Verhältnis gut abschneiden.

Dass viele der vorgestellten Adressen im südlichen Brandenburg liegen, stört auf den ersten Blick. Bei längerem Nachdenken aber fallen einem außer dem Seehof in Rheinsberg oder der Stobbermühle in Buckow nicht wirklich viele Alternativen in den anderen Himmelsrichtungen ein.

Wer sich einmal ein kulinarisches Intensivprogramm auferlegen möchte, sollte sich in den Spreewald begeben. Dort gibt es mit Gasthaus Kaupen Nr. 6, 17fuffzig und Schloss Lübbenau gleich drei ordentliche Küchen. Und wer einmal Karpfensushi probieren möchte, wird ganz in der Nähe beim Goldenen Hahn fündig.

Nicht in jedem Fall kommen die Köche in dem Gastroführer gut weg. So mockiert sich der Autor ausführlich über die angeblich an Katastrophen reiche Küche im Wildenbrucher Gasthof zur Linde. Das Lokal von seiner Liste zu streichen, hat er sich aber anscheinend nicht getraut. So ist man in diesem Fall wenigstens vorgewarnt – frische Zutaten, aber Achtung, eventuell falsch verarbeitet.

Dem Koch mag der Vorwurf in den Ohren klingeln. Aber wahrscheinlich hat der sowieso längst gewechselt, schließlich liegt die Recherche für „Gut essen rund um Berlin“ schon ein halbes Jahr zurück. CHRISTINE BERGER

Helmut Gote: „Gut essen rund um Berlin“. Nicolai Verlag, Berlin 2002, 9,90 €

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen