: Rubens' Segen
■ Erotisch-literarische Miniaturen bei der „Lesung aus dem Doppelbett“
Ein Bremer Haus, Adresse: Horner Straße 43. An allen Wänden hängen Bilder mit Preisschildchen und es gibt noch nicht einmal eine Sitzgelegenheit in der Wohnung, die nicht ein Kunstwerk ist – überall Kunst! Die Bremer Künstlerin Petra Heitkötter hat ihr Haus in einen „Kunstsalon“ umfunktioniert. Am schönsten ist der Stuhl der Leidenschaft: Er ist geschmückt mit Federn, aus denen Rasierklingen herausragen.
Auch das Publikum sitzt auf bemalten Kunststühlen bei der „Lesung aus dem Doppelbett“, mit der Frau Heitkötter die schöne bremische Tradition des Zimmertheaters wiederbelebt. Bis zu 25 Zuschauer sitzen in der Kammer oder dem Nebenraum, gespielt wird hinter, vor und vor allem im Bett. Die Laken, die die Welt bedeuten!
Der Hamburger Performer und Literat Stefan Schwidder sowie die mit einer verführerischen Rubensfigur gesegnete Lidia Buonfino führen hier sehr sinnlich und amüsant literarisch-erotische Miniaturen vor. Zum Teil Fundstücke wie ein flammender Liebesbrief aus dem 18. Jahrhundert oder eine Szene von Maupassant, in der die Gattin wieder begehrenswert für ihren Mann wird, indem sie sich für den Sex von ihm bezahlen lässt.
Die meisten Texte hat Schwidder jedoch selbst verfasst. Zum Teil sind es Sketche (natürlich fehlt auch das Thema Frau & Fussball nicht), meist aber kleine Gedichte, gespickt mit Worten, die in keinem Duden stehen (“Alles liebt und duppelt sich“).
Aber die erotischste Konstellation ist das Dreieck, und so musste noch ein Dritter mit ins Doppelbett. Der Bremer Jazzmusiker Bernd Schlott spielt auf dem sinnlichen Saxophon und der sexy Klarinette kleine Improvisationen zwischen den einzelnen Szenen und Kleidungswechseln. Das alles wirkt zusammen sehr schön, stimmig und anregend als Gesamtkunstwerk, zu dem dann auch noch das Gläschen Prosecco und der Plausch in der Pause und hinterher mit den anderen Gästen gehören.
Wilfried Hippen
„Liebe, Lust und Gold – Lesungen aus dem Doppelbett“ findet Samstag- und Sonntagabend um 20.30 Uhr im Kunstsalon in der Horner Straße 43 statt. Karten unter Tel.: 75 800
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