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Hattig straft Gabriel Lügen

Beim Tiefwasserhafen wird der Staat wieder das komplette unternehmerische Risiko tragen. Die private Finanzierung, ursprünglich Bedingung für das Vorhaben, ist passé

Es war die Stunde der feierlichen Verkündigung: Mit den Worten von einer „Jahrhundertentscheidung in diesem Jahrhunderte alten, wunderschönen Rathaus“ fiezte sich Ministerpräsident Sigmar Gabriel (SPD) bei seinen Bremer Gastgebern an. Aber was danach kam, offenbarte alles andere als Einigkeit.

„Wir haben den Umschwung in der Hafenfinanzierung geschafft“, sagt Gabriel. „Eine private Finanzierung ist betriebswirtschaftlich nicht darstellbar“, widerspricht Bremens Wirtschaftssenator Josef Hattig (CDU). Es geht um die so genannte „terminalbezogene Infrastruktur“ des neuen Tiefwasserhafens. Bisher hat in Deutschland – anders als im Rest der Welt – der Staat die komplette Infrastruktur bezahlt, der Hafenbetreiber – höchstens – die Suprastruktur, also die technischen Anlagen zum Entladen der Schiffe. In ihrem Staatsvertrag zum gemeinsamen Tiefwasserhafen in Wilhelmshaven hatten die beiden Länder – damals noch gemeinsam mit dem inzwischen ausgestiegenen Hamburg – festgelegt, diesmal müsse wenigstens die Hälfte der 180 Millionen Euro für terminalbezogene Infrastruktur, also den Kajenbau, von privater Seite aufgebracht werden. Niedersachsen würde gemeinsam mit dem Bund die 305 Millionen Euro für Aufspülungen und Hinterlandverbindungen tragen.

Der bisherige Hauptinteressent für den Hafenbetrieb, die bremisch-hamburgische Eurogate, hat aber nur müde abgewinkt. Mit der Suprastruktur sei man an der Grenze der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Senator Hattig hatte für das Teil-Staatsunternehmen in den letzten Wochen schon den Weg geebnet, indem er andeutete, dass es mit der Investorensuche schwierig werde.

Gestern ließ Hattig die Katze aus dem Sack: Plan gescheitert, der Staat muss ran. Problem: Niedersachsen will nicht noch mehr Geld in das Projekt schießen, Bremen darf seine Steuern nicht auf fremdem Territorium ausgeben.

Denkste: Wozu gibt es staatliche Gesellschaften? Hier schlägt die große Stunde von Bremen Ports, dem jüngst privatisierten Hansestadt Bremischen Hafenamt. „Wir werden die 90 Millionen Euro als Eigenkapitaleinlage von Bremen Ports einbringen“, sagte der Senator. Woher das Geld kommen soll? Schweigen im Walde. Nur woher es zurückfließen soll, da sind sich die Minister einig: „Private Kunden sollen mit ihren Liegegeldern zur Refinanzierung von 50 Prozent beitragen.“ Aber bitteschön für Niedersachsen und Bremen im Gleichtakt, betont Gabriel – ein weiterer Beleg dafür, dass es sich bei den 90 Millionen Euro um Bremens komplementären Anteil an einer rein staatlichen Finanzierung handelt und Bremen 45 Millionen gleich abschreiben kann.

Dabei gibt es durchaus potenzielle Interessenten für Investitionen in den neuen Hafen. Nur hat deren Geld die falsche Heimat: Asiatische Häfenbetreiber sind in Europa längst groß im Geschäft, gelten aber als den regionalen Interessen zu wenig verpflichtet. Vor einer „Kannibalisierung“ des Hafengeschäfts durch die Giganten aus Hong Kong und Singapur warnt Bürgermeister Henning Scherf (SPD). „London, Antwerpen und Rotterdam sind deren Monopolstellung längst ausgeliefert“, sagt Scherf, „ und wir sind ihre letzte Konkurrenz.“ Dass das eine „nationale Aufgabe“ sei, müssten „die irgendwann auch in Bayern einsehen“, deutet der Landeschef an, woher im Zweifel das Geld zu kommen hat. Jan Kahlcke

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